Haushalt:Union droht mit Blockade im Bundesrat

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Haushaltspolitiker aus CDU und CSU bezeichnen den Entwurf von Hans Eichel als "verfassungswidrig". Sollte die Union ihre Drohung wahrmachen, müsste die Bundesregierung den Haushalt mit der Kanzlermehrheit durchsetzen.

Von Susanne Höll und Ulrich Schäfer

(SZ vom 9.9.2003) - Die Union erwägt, entgegen den üblichen Gepflogenheiten, den Etat 2004 der rot-grünen Regierung im Bundesrat zu blockieren. Dies werde überlegt, eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, sagte ein hochrangiger Unionspolitiker der Süddeutschen Zeitung. Eigentlich ist es üblich, dass die Länder den Haushalt des Bundes anstandslos passieren lassen.

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hatte bereits vor drei Wochen angedeutet, dass die Union diesmal anders verfahren könnte. "Ich will alles tun, dass wir im Bundesrat diesen Haushalt ablehnen", bekräftigte Stoiber seine ablehnende Haltung am Dienstag in München. Finanzminister Hans Eichels Etat 2004 sei verfassungswidrig und voller Luftbuchungen.

Auch der Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder, sagte voraus, der Haushalt könnte erstmals in der Geschichte im Bundesrat abgelehnt werden. Er könne jedoch noch nicht sagen, ob alle Unionsländer dabei mitmachten, erklärte Kauder.

Sollte die Union den Haushalt im Bundesrat tatsächlich zu Fall bringen, wäre Kanzler Gerhard Schröder dann im Spätherbst gezwungen, den Etat mit der Kanzlermehrheit im Bundestag durchzusetzen. "Wir sind uns aber sicher, dass Schröder in einem solchen Fall die notwendige Kanzlermehrheit bekommen wird", sagte der Unionsvertreter, der nicht genannt werden wollte.

"Milliardenschwere Luftbuchungen"

Die Haushälter von CDU und CSU hatten schon im Vorfeld der an diesem Dienstag beginnenden Haushaltsberatungen im Bundestag scharfe Kritik an Finanzminister Hans Eichel (SPD) geübt: Sein Haushalt sei "verfassungswidrig", basiere "auf völlig unrealistischen Wachstumsannahmen" und enthalte "milliardenschwere Luftbuchungen", kritisierte der Haushaltsexperte der Unionsfraktion, Dietrich Austermann. Die Risiken beliefen sich auf 20 Milliarden Euro.

Eichel wird sein Etatwerk, das ein Volumen von 251,2 Milliarden Euro hat und neue Schulden von 28,8 Milliarden Euro vorsieht, heute im Bundestag einbringen. Die Investitionen liegen mit 24,8 Milliarden Euro deutlich unter den Krediten, was dem Grundgesetz widerspricht; um den Verfassungsbruch zu umgehen, beruft Eichel sich auf eine drohende Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.

Der SPD-Politiker wird dem Plenum außerdem die Gemeindefinanzreform sowie das Haushaltsbegleitgesetz vorlegen, welches das Vorziehen der Steuerreform regelt sowie massive Kürzungen etwa bei Pendlerpauschale und Eigenheimzulage enthält. In seiner Rede will Eichel die Opposition Punkt für Punkt fragen, was sie will und was nicht. Das Land stehe vor einem "Herbst der Entscheidungen", letztlich gehe es um die Reformfähigkeit Deutschlands.

Generaldebatte am Mittwoch

Am Mittwoch wird der Bundeskanzler in der Generaldebatte gegen CDU-Chefin Angela Merkel antreten. Merkel kündigte zum Auftakt der Haushaltsberatungen eine "Woche der Kontroverse" mit der Regierung an und nannte den Etatentwurf "völlig unzureichend".

Offen ist aber, ob die unionsregierten Länder zu einem gemeinsamen Vorgehen in der Frage der Steuerreform finden. Einige Länder, darunter Hessen, hatten das vehement abgelehnt, andere, unter ihnen Bayern und Baden-Württemberg, hatten sich abhängig von der Gegenfinanzierung aufgeschlossen gezeigt.

Ob und wie sich die Unionsländer bei dem erwarteten Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat positionieren, wird sich nach Einschätzung führender Unionspolitiker erst nach der bayerischen Landtagswahl am 21. September entscheiden.

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