Handelspolitik:Verfassungsgericht billigt Ceta - unter Auflagen

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Das Freihandelsabkommen darf Ende Oktober unterzeichnet werden, das hat das Gericht jetzt entschieden.

Von WOLFGANG JANISCH, Karlsruhe

Das umstrittene Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada darf Ende Oktober unterzeichnet werden, das Bundesverfassungsgericht hat den Weg für Ceta frei gemacht. In einer Eilentscheidung machte es der Zweite Senat aber zur Bedingung, dass Deutschlands Einfluss auf das maßgebliche Ceta-Gremium schon während der vorläufigen Anwendung des Vertrags gesichert sein muss. So können Entscheidungen des Gremiums nur auf der Grundlage einstimmiger Beschlüsse im Europäischen Rat erfolgen. Zudem dürfen nur jene Teile des Abkommens vorläufig angewandt werden, die eindeutig in die Zuständigkeit der EU fallen. Damit bleiben beispielsweise Investitions- und Arbeitsschutzregeln erst einmal außen vor. Schließlich muss sich Deutschland eine Ausstiegsmöglichkeit offenhalten für den Fall, dass Karlsruhe den Vertrag in einem späteren Hauptsacheverfahren doch noch für verfassungswidrig erklärt. Die Kündigungsklausel des Vertrags ist unklar formuliert, weshalb die Regierung nun "in völkerrechtlich erheblicher Weise" deren Geltung klarstellen muss.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) reagierte erleichtert auf das Urteil aus Karlsruhe: "Ich glaube, dass wir mit allen guten Argumenten das Verfassungsgericht überzeugen konnten." Er sagte zu, die Vorgaben umzusetzen. In der Anhörung am Mittwoch hatte er eindringlich vor dem Schaden eines Stopps gewarnt - eine Einschätzung, die sich das Gericht zu eigen gemacht hat. "Ein - auch nur vorläufiges - Scheitern von Ceta dürfte über eine Beeinträchtigung der Außenhandelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und Kanada hinaus weitreichende Auswirkungen auf die Verhandlung und den Abschluss künftiger Außenhandelsabkommen haben", sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Diese Prognose ist aber zunächst nur für die Folgenabwägung im Eilurteil relevant. Im späteren Hauptsacheverfahren wird das Gericht prüfen, ob die Befugnisse des zentralen Ceta-Ausschusses sowie die umstrittenen Investitionsschutzgerichte mit den Grundsätzen der deutschen Verfassung vereinbar sind. Dass Ceta vollständig gekippt wird, gilt aber als unwahrscheinlich.

Geklagt hatten zwei Großgruppen mit zusammen annähernd 200 000 Beschwerdeführern sowie mehr als 60 Politiker der Linken und ein Europa-Abgeordneter. Die Bürgerrechtsorganisationen, die hinter einer der Massenklagen stehen, zeigten sich zufrieden. "Es ist ein Riesenerfolg, dass das Bundesverfassungsgericht unsere Bedenken in einem Hauptsacheverfahren prüfen will - schließlich haben weder die Bundesregierung noch die Europäische Kommission die Argumente bisher ernst genommen", sagte Thilo Bode, Geschäftsführer von Foodwatch. Die Wirtschaftsverbände sind hingegen erleichtert, dass Ceta nun erst einmal in Kraft treten kann. "Das Urteil ist auch ein deutliches Signal an unsere Handelspartner in der Welt, dass die EU zu umfassenden Handelsabkommen bereit ist", sagte Ulrich Ackermann vom Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau.

© SZ vom 14.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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