Hamburger Terroralarm:Warnung mit Fragezeichen

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Die Geheimdienstmeldung, die den Großeinsatz um die Bundeswehrklinik in Gang setzte, blieb in vielen Punkten unkonkret.

Von Ralf Wiegand und Hans Leyendecker

(SZ vom 2.1.2004) — Es war Dienstag gegen 14.30 Uhr, als bei mehren Hamburger Behörden Mitteillungen über einen geplanten Terroranschlag auf ein Militärhospital in der Hansestadt eingingen. So erhielt der Hamburger Verfassungsschutz ein Fax des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV); das Landeskriminalamt wurde vom Bundeskriminalamt informiert.

Zu dieser Zeit bereitete sich Innensenator Dirk Nockemann auf die letzte Bürgerschaftssitzung des Jahres vor. Er wurde im Rathaus über die Ereignisse auf dem Laufenden gehalten. Auch der hessische Verfassungsschutz wurde informiert, da von Anschlägen in Hessen ebenfalls die Rede war. Nachrichtlich ging die Mitteilung zur Kenntnis an alle Bundesländer.

Ein amerikanischer Dienst habe Hinweise, dass Anschläge auf ein US-Militärhospital "in und um Hamburg" und auf Basen der US-Militärs in Hessen geplant seien, hieß es. Die Namen von zwei möglichen Attentätern wurden genannt, doch waren diese damit nicht eindeutig zu identifizieren, weil die Namen den Amerikanern nicht schriftlich, sondern nur mündlich genannt worden waren, wie aus der Warnmeldung ebenfalls hervor ging.

Als Zeit für einen möglichen Anschlag war von Anfang des Jahres 2004 die Rede, Nockemann sprach von "an oder um Silvester". Der Hamburger Innensenator ging sofort davon aus, dass die Meldung von der CIA komme, doch auch das ist aus dem Papier nicht ersichtlich. In der Meldung des BfV ist nur von einem amerikanischen Dienst die Rede. Die USA haben 13 Geheimdienste. Die CIA ist allerdings auch für die Koordinierung der militärischen Geheimdienste zuständig.

Grundlage der Warnmeldung unklar

Unklar ist, auf welcher Grundlage die Amerikaner die Warnmeldung verfasst hatten. Ob es sich um eigene Erkenntnisse, die Erkenntnisse befreundeter Geheimdienste handelte war ebenso wenig ersichtlich wie die Beantwortung der Frage, ob irgendjemand aus der Szene ausgesagt und nur etwas gehört hatte. Klar wurde aber: Ein abgehörtes Gespräch von islamistischen Kämpfern, das besonders ernst zu nehmen gewesen wäre, war nicht die Grundlage.

Nockemann interpretiert die Hinweise nach wie vor als "relativ konkret". Als die Bürgerschaftssitzung bereits lief, sei die Presse bereits über Einzelheiten informiert gewesen und ihn auch auf Ansar al-Isalm angesprochen. Um seine Maßnahmen plausibel zu machen, habe er weitere Details genannt. "Es ist eine Zwickmühle", sagt Nockemann.

Ein hochrangiger deutscher Sicherheitsbeamter wertet die Nachricht dagegen als "Dutzendmeldung, eine der vielen Tartarenmeldungen, die wir täglich bekommen". Für eine sofortige Reaktion sei kein Grund erkennbar. Von einem US-Militärhospital war zwar die Rede, und die Wandsbeker Klinik ist das einzige Militärkrankenhaus in Hamburg - doch dort werden deutsche Soldaten und auch Privatleute betreut. US-Soldaten sind nach Angaben einer Sprecherin der US-Militärs nicht behandelt worden.

Das Bedeutsamste an der Meldung war, dass ein Beamter des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz sie als "Geheim" eingestuft hatte. Das ist die zweithöchste Einstufung hier zu Lande, nur "streng geheim" ist noch höher. "Geheim" sind "Verschlusssachen, deren Kenntnis durch Unbefugte den Bestand der Bundesrepublik oder eines ihrer Länder gefährden könnte".

Die Geheimhaltungsstufe, sagt ein Beamter des BfV, werde mit Rücksicht auf die Amerikaner gewählt worden, die als Quelle nicht genannt werden wollten. Immerhin - diese Quelle ist enttarnt worden.

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