Gurlitt:Weiter mit der Legende

Die Aufklärung des Falls steht noch immer aus.

Von Jörg Häntzschel

Lückenlose Aufklärung" hatte die Politik bei der Gründung der Taskforce Gurlitt im Jahr 2013 versprochen. Alle Geheimniskrämerei um den angeblichen "Raubkunst-Schatz" aus München-Schwabing sollte zu Ende sein. Doch es vergingen Monate, bis die Arbeit begann. Mitglieder berichteten von Organisationswirrwarr und Bürokratie. Und all die Anspruchsteller ließ man warten. Am Donnerstag nun wurde in Berlin das Ergebnis zweijähriger Arbeit vorgelegt.

Die Bilanz ? Bei nur elf der 499 potenziellen Raubkunstwerke konnten die Forscher die Herkunft klären. Doch nicht nur diese Zahl lässt erstaunen - sondern auch jene 117 Werke, die laut Bericht weiter unter Raubkunstverdacht stehen. Experten, die mit der Sammlung vertraut sind, können sich diese hohe Zahl aber nicht erklären. Vieles deutet darauf hin, dass zu den bekannten fünf Fällen allenfalls noch eine Handvoll weitere hinzukommen.

Genau das hätten die Aufklärer jetzt eingestehen müssen: Die Sammlung Gurlitt enthält zwar einen Anteil von Raubkunst. Aber der dürfte ähnlich hoch sein wie der in vielen deutschen Museen. Stattdessen hält ihr Bericht die Legende von Gurlitts "Raubkunstsammlung" weiter am Leben. Weil sich mit deren öffentlichkeitswirksamer Aufarbeitung bequem von der Tatsache ablenken lässt, dass in den meisten deutschen Museen Raubkunst hängt - nach der bisher keine Task Force gefragt hat.

© SZ vom 15.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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