Große Koalition:Den Göttern dämmert was

Lesezeit: 2 min

Nach dem Koalitionsausschuss wollen manche in der Union glauben machen, die Dämmerung der Koalition sei angebrochen - doch nicht jede Dämmerung endet mit einem Sonnenuntergang.

Thorsten Denkler

Der Wahlkampf bringt zuweilen eine erfrischende Ehrlichkeit in die Politik. Zum Beispiel in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag. Der Koalitionsausschuss von Union und SPD saß mal wieder im Kanzleramt zusammen und bastelte sich ein paar mehr oder weniger überzeugende Kompromisse zusammen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und CSU-Chef Horst Seehofer (li.): Das Gleichgewicht der Kräfte hat erstaunlicherweise dazu geführt, dass die ganz großen Streitereien ausgeblieben sind. (Foto: Foto: AP)

Diesmal ging es um Detailfragen zur Begrenzung von Managergehältern und die Zukunft des Umweltgesetzbuches, um Lohnuntergrenzen für Zeitarbeiter und die Reform der Jobcenter und ein bisschen auch um Opel.

Als Ergebnis lässt sich im Grunde nicht mehr und nicht weniger verkünden, als vorher zu erwarten war. Bei den Managergehältern gibt es eine Einigung auf das, was schon eine Koalitionsarbeitsgruppe als Kompromiss erarbeitet hat. Das Umweltgesetzbuch wird in seine Einzelteile zerlegt, weil die CSU sonst nicht mitmacht. Zu den Lohnuntergrenzen in der Zeitarbeit und den Jobcentern gab es keine Einigung. Und zu Opel heißt es nur: Die Koalition will helfen. Wie auch immer.

Es ist also alles so gekommen wie erwartet. Und würde der Wahltermin nicht näher rücken, die Zaungäste am Kanzleramt hätten nach der Nachtsitzung in ausnahmslos fröhliche Gesichter geblickt, die sich gegenseitig mit Lob für so viel Umsicht und Kompromisswillen überschüttet hätten.

So einfach ist das jetzt nicht mehr. CSU-Vize und Landesgruppenchef Peter Ramsauer hält das alles nur für einen Minimalkonsens, das Allernötigste sei beschlossen worden und schließt: "Das Ende der Koalition wirft seine Schatten voraus." Mal abgesehen davon, dass dafür irgendwann mal Licht gewesen sein müsste, er hat in weiten Teilen recht.

Die Kompromisse bieten tatsächlich nicht mehr als das Nötigste. Neu ist nur, dass es jemand so offen sagt. Denn mehr wäre auch vor einem oder vor zwei Jahren nicht drin gewesen. Es regieren eben nicht Schwarze mit Gelben, sondern Schwarze mit Roten. Richtig ist auch, dass im Herbst Bundestagswahl ist, ein Ende der großen Koalition ist dann durchaus möglich. Unterschlagen werden darf aber nicht, dass es sich Union und SPD in der großen Koalition ganz gemütlich eingerichtet haben.

Das Gleichgewicht der Kräfte hat erstaunlicherweise dazu geführt, dass die ganz großen Streitereien ausgeblieben sind. Mit den Grünen hatte die SPD vorher einen wesentlich anstrengenderen Koalitionspartner. Und ob die FDP an manchen Punkten so pflegeleicht sein würde für die Union, wie es die SPD heute ist, bezweifeln nicht wenige im schwarzen Lager.

Überdies ist es breiter Konsens in beiden Volksparteien: Lieber große Koalition als gar nicht regieren. Die CDU ist ohnehin eine Kanzlerpartei. Solange sie den Kanzler stellt, ist alles gut. Egal, wer mitregiert. Die CSU würde einer Neuauflage der großen Koalition nicht im Wege stehen, wenn es keine Alternative gibt. Und die SPD wird es sich kaum aussuchen können.

Klar, wenn es für Schwarz-Gelb reicht, ist alles einfach. Kompliziert wird es nur, wenn es nicht reicht. Jamaika oder Ampel sind zwar denkbarer geworden, aber kaum vermittelbar nach einem Wahlkampf, in dem die beiden großen Parteien nicht umhin kommen würden, die große Koalition als erfolgreich darzustellen. Außerdem müssten dafür entweder FDP oder die Grünen ins jeweils andere politische Lager wechseln, was nach Lage der Dinge auf politischen Selbstmord hinauslaufen könnte.

Die Dämmerung mag also eingesetzt haben. Danach wird es nicht dunkel, sondern schnell wieder hell. Oder dunkel, je nach Lesart.

© sueddeutsche.de/jja/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: