Großbritannien:Parlament muss Brexit genehmigen

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Premierministerin May will trotz der Entscheidung des Supreme Court bis Ende März in Brüssel den EU-Austritt beantragen.

Von Christian Zaschke, London

Die britische Regierung muss das Parlament befragen, bevor sie Brüssel offiziell vom Austrittswunsch aus der EU unterrichtet. Das hat das oberste Gericht des Landes, der Supreme Court, am Dienstag in letzter Instanz mit einer Mehrheit von acht zu drei Stimmen entschieden. Das Gericht bestätigte damit eine Entscheidung des High Court aus dem vergangenen Jahr, gegen die die Regierung Berufung eingelegt hatte.

Premierministerin Theresa May will trotz des Urteils am bisherigen Zeitplan festhalten und den Austrittsantrag bis Ende März einreichen. Der für den Brexit zuständige Minister David Davis sagte am Dienstag, dass dem Parlament nun innerhalb weniger Tage ein entsprechender Gesetzesentwurf vorgelegt werde. Er sagte: "In dem Urteil geht es nicht darum, ob wir die EU verlassen. Diese Entscheidung haben die Bürger des Vereinigten Königreichs bereits getroffen."

Zur großen Erleichterung der Regierung entschieden die Richter, dass die Regionalregierungen von Schottland, Wales und Nordirland nicht befragt werden müssen. Sowohl in Schottland als auch in Nordirland hatte sich beim Referendum im vergangenen Jahr eine Mehrheit der Wähler gegen den Brexit ausgesprochen. In London müssen nun Unter- und Oberhaus befragt werden, bevor Theresa May gemäß Artikel 50 der EU-Verträge das Austrittsverfahren einleiten kann. Es wird erwartet, dass beide Kammern zustimmen. Labour-Chef Jeremy Corbyn sagte, seine Partei werde den Prozess nicht blockieren, allerdings Garantien dafür verlangen, dass Großbritannien durch den Austritt nicht zu einer Steueroase werde.

Die Konservativen haben im Unterhaus eine Mehrheit von 15 Sitzen, was bedeutet, dass das Gesetz wahrscheinlich verabschiedet wird. Im Oberhaus hat die Regierung keine Mehrheit, es wird jedoch erwartet, dass die Parlamentarier das Votum der Wähler akzeptieren. Sollte das Oberhaus nicht zustimmen, würde das den Prozess nicht beenden, sondern lediglich um maximal ein Jahr verzögern. Möglich wäre in diesem Fall allerdings auch, dass May Neuwahlen mit dem Versprechen einer grundlegenden Reform des Oberhauses ausruft. In Westminster wird erwartet, dass das Unterhaus noch vor der Sitzungspause Mitte Februar abstimmt. Das ließe dem Oberhaus genügend Zeit, um bis Ende März ebenfalls abzustimmen.

Die Liberaldemokraten wollen gegen den Gesetzesentwurf stimmen, falls die Regierung nicht ein neues Referendum über das Ergebnis der Austrittsverhandlungen verspricht. Das gilt als ausgeschlossen. Die Scottish National Party will ihre Zustimmung ebenfalls verweigern und 50 Änderungsvorschläge zum Austrittsprozess einreichen. In der Volksabstimmung im vergangenen Jahr hatten 51,9 Prozent der Wähler für den Austritt aus der Europäischen Union votiert. Nach der offiziellen Benachrichtigung in Brüssel folgt eine zwei Jahre währende Verhandlungsphase, so dass Großbritannien voraussichtlich im Frühjahr 2019 nicht mehr Mitglied der EU ist.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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