Großbritannien:"Ich stimme Nick zu"

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(Foto: N/A)

Lange haben sich die Premierminister gegen TV-Runden gesträubt. Heute sind die Sendungen für Überraschungen gut.

Von Christian Zaschke

In Großbritannien sind TV-Duelle vor Wahlen noch vergleichsweise neu. Zwar hat bereits im Jahr 1964 der Labour-Politiker Harold Wilson den amtierenden Premierminister Alec Douglas-Home dazu aufgefordert, mit ihm im Fernsehen zu debattieren, dieser lehnte das Ansinnen jedoch brüsk ab. Es dürfe nicht so weit kommen, dass der bessere Schauspieler zum Regierungschef werde, sagte er. Als Wilson später selbst Premier war und von Edward Heath zu einem Duell vor den Kameras herausgefordert wurde, lehnte er seinerseits ab. Das Ganze war ihm zu unberechenbar, und er wollte Heath nicht die Möglichkeit bieten, sich als möglicher Premierminister zu präsentieren.

Die Premierministerin Margaret Thatcher argumentierte später, diese Form der Debatte sei vielleicht für die Vereinigten Staaten angemessen, aber sicherlich nicht für Großbritannien. Tony Blair vertrat die Ansicht, es müsse reichen, dass er jede Woche bei der Fragestunde des Premierministers im Parlament ausführlich Rede und Antwort stehe, da brauche es nicht auch noch eine Fernsehdebatte.

Erst 2010 war es so weit, dass ein amtierender Premierminister einwilligte, mit seinen Herausforderern im Fernsehen zu debattieren. Gordon Brown erklärte sich bereit, mit dem Konservativen David Cameron und dem Liberaldemokraten Nick Clegg vor die Kameras zu treten. Brown vertraute auf sein Talent als Redner, und darauf, dass er staatsmännischer wirken würde als seine jüngeren politischen Gegner. Dieses Kalkül ging nicht auf.

Clegg ging überraschend als Gewinner aus den drei jeweils 90 Minuten dauernden Debatten hervor. Die Liberaldemokraten fuhren das beste Wahlergebnis ihrer Geschichte ein und übernahmen als Juniorpartner der Konservativen erstmals Regierungsverantwortung.

Der Erfolg des Außenseiters lag auch daran, dass Brown und Cameron sich fortwährend beharkten, beide aber mit Clegg in wesentlichen Punkten einer Meinung waren. Zum berühmtesten Satz der Debatten wurde: "I agree with Nick" - Ich stimme Nick zu. Brown und Cameron sagten das so oft, dass die Liberaldemokraten den Satz sogar als Slogan in ihrem Wahlkampf benutzten.

Vor der Wahl im Jahr 2015 ließ Cameron lange offen, ob er an einer Debatte teilnehmen würde. Die Opposition warf ihm Feigheit vor. Seine Strategen waren zu der Ansicht gelangt, dass er als Amtsinhaber in einem TV-Duell nichts zu gewinnen habe. Schließlich willigte er ein, an einer Debatte mit sieben Parteien teilzunehmen: Neben Konservativen, Labour und Liberaldemokraten waren auch die Ukip, die Grünen, die Scottish National Party und die walisische Plaid Cymru beteiligt. Camerons Idee war, die Debatte durch die große Zahl an Teilnehmern möglichst zu verwässern. Das gelang.

© SZ vom 30.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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