Großbritannien:Blair gibt Mitschuld am Erfolg des IS zu

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"Argumentation in Teilen richtig": Tony Blair über seine Kritiker. (Foto: Brendan McDermid/Reuters)

Der britische Ex-Premier räumt Zusammenhang zwischen Irak-Krieg und Terrormiliz ein.

Welche Verantwortung trägt der Westen für den Aufstieg der Terrormiliz Islamischer Staat? Dazu hat der britische Ex-Premierminister Tony Blair am Sonntag in einem Interview mit dem US-amerikanischen Fernsehsender CNN Stellung bezogen. Es gebe "Elemente der Wahrheit" in der Behauptung, dass der Irak-Krieg den Aufstieg des IS verursacht habe, sagte Blair. "Natürlich kann man nicht behaupten, dass jene von uns, die Saddam 2003 stürzten, keine Verantwortung für die Situation 2015 tragen", sagte Blair.

Kritiker sehen im Irak-Krieg eine der wichtigsten Ursachen für den Aufstieg des Islamischen Staats. "Ich denke, dass diese Argumentation in Teilen richtig ist", sagte Blair. Andererseits habe auch der Arabische Frühling eine wichtige Rolle für die derzeitige Lage im Irak gespielt. Zudem habe der eigentliche Aufstieg des IS nicht im Irak, sondern in Syrien begonnen.

Unter dem Labour-Politiker Blair hatte sich Großbritannien 2003 dem von den USA angeführten Einmarsch in den Irak angeschlossen, der zum Sturz von Diktator Saddam Hussein führte. Die offizielle Begründung für den Krieg waren Geheimdienstberichte, denen zufolge der Irak Massenvernichtungswaffen herstelle. Diese Berichte stellten sich später als falsch heraus.

"Ich entschuldige mich dafür, dass die Geheimdienst-Informationen, die wir erhalten haben, falsch waren", sagte Blair. Zwar habe Saddam Hussein chemische Waffen gegen sein eigenes Volk und gegen andere eingesetzt. Ein Waffenprogramm aber, wie damals angenommen, habe nicht existiert. Dafür hatte sich Blair bereits 2004 vor dem britischen Unterhaus entschuldigt. Nun entschuldigte er sich für die Fehler bei der Planung des Krieges und für die irrtümlichen Annahmen darüber, wie das Land sich nach dem Sturz des Regimes entwickeln werde. Für den Irak-Krieg als solchen entschuldigte er sich nicht.

Im Interview bezweifelte er allerdings, dass andere Strategien zu einem besseren Ergebnis geführt hätten. Als Beispiele nannte er die Intervention in Libyen 2011, die im Gegensatz zum Irak-Krieg ohne Bodentruppen erfolgte, sowie den Syrien-Krieg. "Auch wenn unser Vorgehen sich als falsch herausgestellt hat, ist es für mich nicht klar, dass spätere Strategien besser funktioniert haben", sagte Blair. Selbst aus heutiger Perspektive finde er es schwierig, sich dafür zu entschuldigen, Saddam gestürzt zu haben. "Es ist besser, dass er nicht da ist."

Knapp 140 Briten starben im Irak zwischen 2003 und 2009. Seit sechs Jahren untersucht eine öffentliche Kommission die Entscheidungen und mutmaßlichen Fehler der britischen Regierung bei der Planung und Durchführung des Krieges.

© SZ vom 26.10.2015 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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