Großbritannien:Aus Nein wird Ja

Viele Abgeordneten stimmten nunmehr für den Brexit - und damit gegen ihre eigenen Überzeugungen.

Von Christian Zaschke

Es sind seltsame Debatten im britischen Parlament, wenn es um den Brexit geht. Vor dem Referendum im vergangenen Jahr befürwortete nur eine Minderheit der Abgeordneten den Austritt aus der EU. Selbst unter den Konservativen gab es keine Mehrheit, das Gros von Labour, Liberaldemokraten und Scottish National Party war ohnehin dagegen und sagte das deutlich. Mittlerweile haben sich die Verhältnisse umgekehrt. Nur wenige Abgeordnete wagen es noch, zu ihrer ursprünglichen Meinung zu stehen.

Das liegt daran, dass, wer auch immer gegen den Austritt argumentiert, sich von Brexit-Anhängern den Vorwurf anhören muss, den Willen des Volkes nicht zu respektieren. Bei Labour herrscht zudem die Angst, im Norden Englands Anhänger zu verlieren, weil dort mehrheitlich gegen die EU gestimmt wurde. Knapp 52 Prozent der Wähler haben für den Brexit votiert, es war eine knappe Entscheidung. Nach einer Parlamentswahl werden die Wähler der unterlegenen Parteien von der Opposition vertreten. Nach dem Referendum haben die 48 Prozent so gut wie keine Stimme mehr im Unterhaus.

In einer parlamentarischen Demokratie entscheiden normalerweise die Abgeordneten, was passiert. Durch das Referendum haben die Parlamentarier diese Verantwortung in punkto Brexit abgegeben. Daher mussten sie nun mehrheitlich etwas unterstützen, das ihrer wahren Überzeugung widerspricht.

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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