Greta Thunberg:Zu hoher Preis

Die Umweltaktivistin lehnt eine Auszeichnung des Nordischen Rates ab. Und sie hat alles Recht, das zu tun.

Von Kai Strittmatter

Wer einen Preis verliehen bekommt, hat diesen in der Regel nicht verlangt oder gar bestellt. Und doch erwartet die Konvention dann Freude, zumindest aber Dankbarkeit. Wenn der oder die Ausgezeichnete den Preis ablehnt, ist die erste Reaktion oft Irritation. Greta Thunberg sollte den Umweltpreis des Nordischen Rates verliehen bekommen. Sie hat ihn abgelehnt. Und sie hatte alles Recht, das zu tun.

Die Auszeichnung wäre in diesem Falle eine nicht völlig unschuldige gewesen: Die Verleiher sind ausgerechnet jene Regierungen, gegen die Greta Thunberg und die von ihr inspirierten "Fridays for Future"-Demonstranten seit einem Jahr protestieren. Es sind exakt jene Regierungen, die sie mit zunehmender Ungeduld zum Handeln auffordern. Greta Thunberg war nominiert worden von ihrem Heimatland Schweden und von Norwegen. Sie verwies auf die Doppelmoral der beiden Regierungen, deren "schöne Worte" die weniger schöne Realität verdeckten: Beide Länder gehören, wie übrigens auch Deutschland, weltweit zu den Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-Ausstoß an CO₂. Tatsächlich ist gerade Norwegen für diese Doppelmoral ein gutes Beispiel, hat die Regierung doch in diesem Jahr so viele Lizenzen für Öl- und Gasbohrungen erteilt wie noch nie zuvor.

Ein Preis aus der Hand dieser Regierungen schmeckt nach einem Versuch der Vereinnahmung. Die Botschaft Thunbergs ist: Euch gegenüber wollen wir nicht zur Dankbarkeit verpflichtet sein. Schenkt uns statt euren Preisen endlich eure Taten.

© SZ vom 31.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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