Glosse: Das Streiflicht

Das Streiflicht (Foto: SZ)

Wir müssten uns, sagt Winfried Kretschmann, am Gendersternchen nicht "aufamseln". Das Wort lässt nicht nur die Amseln aufhorchen.

(SZ) Um Winfried Kretschmann, den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, richtig zu verstehen, muss man hin und wieder auf externe Berater zurückgreifen, beispielsweise auf Platon. Dieser lässt in seinem sprachphilosophisch hochwichtigen Dialog "Kratylos" zwei Denker zu Wort kommen, von denen der eine, nämlich Kratylos, die Ansicht vertritt, dass es für jedes Ding eine von Natur aus richtige Benennung gebe. Sein Kontrahent Hermogenes hält dagegen, dass nicht die Natur, sondern menschlicher Sprachgebrauch den Dingen ihre Namen verleihe. Zwischen den beiden treibt Sokrates sein schalkhaft belehrendes Wesen, wobei er unter anderem sagt, dass man zum Benennen der Dinge gute Werkzeuge brauche, nämlich wesensgemäße Wörter, die, wie man heute sagen würde, die richtige Info rüberbringen. Im Lichte dieser Thesen ist nun zu fragen, woher das Verb "aufamseln" kommt und was es bedeutet.