Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) "Oh Herr, wenn ich die Mengen lehre, lass sie verstehn die Mengenlehre". Dieses Stoßgebet hat mancher Mathematiklehrer in den Himmel geschickt, als er in die leeren Augen seiner Schulklasse blickte. Doch der Herr antwortete nicht. Schon auf die einfachsten Aufgaben, welche die Lehrkraft auf die Tafel kritzelte, etwa "Besitzen die beiden Mengen A={0,2,4,6,8} und B={a,b,c,d} die gleiche Mächtigkeit?", reagierten die Schülerinnen und Schüler unverständig und verstört. Dem CDU-Politiker Lothar Späth wird das Zitat zugeschrieben: Mengenlehre sei, wenn in einem Raum drei sind und vier rausgehen, und einer wieder reingeht, damit keiner mehr drin ist. In dieser Aussage spiegelte sich die aus den Siebzigerjahren herrührende Ansicht wider, die Mengenlehre sei ein von der teuflischen Sozialdemokratie im Zuge ihrer Bildungsreformen ersonnenes Mittel, um die Menschen zu verwirren und für sozialistische Heilslehren anfällig zu machen. Solche Unterstellungen waren natürlich grober Unfug, weil sie voraussetzten, dass die SPD ihrerseits die Mengenlehre begriffen hätte. Ausweislich ihrer Analysen der jüngeren Wahlergebnisse bestehen daran jedoch begründete Zweifel.

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