Globalisierungskritiker:"Wir fordern etwas ganz anderes"

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Thilo Bode im Gespräch über die Entscheidung Donald Trumps und die Rolle der USA für den Freihandel.

Interview von Bernd Kastner

Thilo Bode gehört zu den profiliertesten deutschen Kritikern des geplanten Freihandelsabkommens mit den USA.

SZ: Haben Sie schon ein Dankes-Telegramm in den Trump-Tower geschickt?

Thilo Bode: Das steht überhaupt nicht an. Wir bilden uns unabhängig von Trump und anderen Politikern unsere Meinung zu den Freihandelsabkommen. Für uns stehen gesellschaftspolitische Aspekte im Mittelpunkt, Schutzstandards im Umwelt- und Gesundheitsbereich und bei den Arbeitnehmerrechten. Es lauern erhebliche Gefahren für diese Schutzstandards und die Demokratie. Da kümmert uns nicht, was Herr Trump sagt.

Wie ist es, ausgerechnet von Trump den größten Wunsch erfüllt zu bekommen?

Dass TTIP gescheitert ist, sehe ich noch gar nicht. Und es gehört zu unserem Geschäft, dass wir leider auch mal Beifall von der falschen Seite kriegen. Manche wollen uns sogar in die Ecke von Leuten wie Trump drängen. Dabei fordern wir etwas ganz anderes, nämlich die Weiterentwicklung der Handelsbeziehungen, nicht die protektionistische Abschottung. Wir versuchen, der Vereinnahmung oder Diskreditierung zu begegnen, indem wir rein auf faktischer Ebene diskutieren, losgelöst von der Frage Trump oder nicht Trump.

Thilo Bode, 69, einst Chef von Greenpeace, gründete 2002 die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch, deren Geschäftsführer er ist. Vom kommenden Jahr an wird er Foodwatch international leiten. (Foto: DButzmann/privat)

Ihnen ist also egal, wer in der TTIP-Debatte die Position Trumps einnimmt?

Ja.

Aber müssen Sie nicht befürchten, dass es unter Trump noch schwieriger wird, Ihre Ziele zu erreichen?

Wir setzen uns für eine neue Handelspolitik ein, das diskutieren wir unabhängig von Trump. Dass wir von allen Seiten der Wirtschaft bekämpft werden, das ändert sich nicht unter Trump. Die Interessen der Wirtschaft sind ausschlaggebend. Das wird sich nicht ändern, egal wer US-Präsident ist. Bisher hat noch jeder US-Präsident die Interessen der Konzerne bedient.

Obama oder Trump - kein Unterschied?

Im Endeffekt spielt das für unsere Strategie keine große Rolle. Sie bleibt gleich. Wir wollen bessere Handelsverträge. Die Handelspolitik ist schlecht, und die Voraussetzungen ändern sich nicht.

Je mehr sich die USA zurückziehen aus dem Freihandel, desto stärker dürfte die Position Chinas werden. Müssen Sie darauf nicht reagieren?

Wir fordern, dass sich die EU nichts diktieren lässt, auch nicht Vereinbarungen mit China. Der internationale Handel mit wem auch immer muss so gestaltet sein, dass er den Ansprüchen der EU genügt, sei es China oder nicht. Unsere Standards dürfen nicht infrage gestellt werden, es darf zum Beispiel keine Paralleljustiz geben, der Preis wäre zu hoch. Wir dürfen unser Rechtssystem nicht infrage stellen.

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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