Gleichstellung:Lebensabend einer Mutter

Bei den Einkommen liegen Frauen dramatisch zurück.

Von Constanze von Bullion

Seit Deutschland darüber streitet, warum das Einkommen von Frauen im Schnitt so viel geringer ist als das von Männern, hagelt es Schuldzuweisungen. Die Lohnlücke sei so groß, weil Betriebe die Gleichstellung von Frauen ausbremsten, sagt die Familienministerin. Nach langem Gezerre hat sie nun ein Lohngerechtigkeitsgesetz auf den Weg gebracht, das ist gut. Die Antwort der Wirtschaft ist genervt. Wenn Frauen beruflich nicht besser dastehen, heißt es hier, dann nicht weil Arbeitgeber sie hinderten, sondern weil der Staat nicht genug Ganztagsbetreuungsplätze für Kinder anbiete.

Statt immer nur auf andere zu zeigen und sattsam bekannte Argumente zu wiederholen, sollten Arbeitgeber und Mütter die neue Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts lesen. Sie kommt zum erschreckenden Ergebnis, dass Arbeitnehmerinnen im Verlauf von 30 Jahren fast 50 Prozent weniger Einkommen erwirtschaften als Männer. Das liegt vor allem an der hohen Teilzeitquote in Deutschland. Eine Akademikerin, die zweimal für Kinder aussetzt, büßt demnach im Lauf ihres Lebens mehr als eine halbe Million Euro ein. Es gibt aber auch belegte Benachteiligung. Selbst bei gleicher Berufsbiografie tragen Frauen fast aller Branchen viel weniger Geld heim als Männer. Wer angesichts dieser Schieflage gesetzliche Korrekturen unnötig findet, dem sei von Herzen eines gewünscht: der Lebensabend einer berufstätigen Mutter in Deutschland.

© SZ vom 12.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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