Glauben:Vor der Spaltung

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Die Russisch-Orthodoxe Kirche bricht mit der Orthodoxen Kirche von Konstantinopel. Es geht dabei aber aber gar nicht um theologische Differenzen, sondern vielmehr um Machtfragen. Anlass für die Entscheidung ist die Ukrainische Orthodoxe Kirche.

Von Julian Hans, Moskau

Die Weltorthodoxie steht kurz vor der Spaltung. Nach Beratungen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk entschied der heilige Synod der Russisch Orthodoxen Kirche am Montag, die eucharistische Gemeinschaft mit der Orthodoxen Kirche von Konstantinopel auszusetzen. "Wir waren zu dieser Entscheidung gezwungen", sagte der Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion. Sie sei eine logische Folge der jüngsten Handlungen des Patriarchats von Konstantinopel.

Dieses hatte am vergangenen Donnerstag ein Abkommen aus dem Jahr 1686 für ungültig erklärt, das Moskau das Recht zubilligte, den Metropoliten von Kiew zu ernennen. Damit untersteht die orthodoxe Kirche in der Ukraine nicht mehr länger dem Patriarchen von Moskau, sondern direkt Konstantinopel. Dies soll aber nur ein Schritt hin zu einer autokephalen, also eigenständigen orthodoxen Kirche in der Ukraine sein. Der Patriarch von Konstantinopel gilt unter den Orthodoxen als Erster unter Gleichen.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion hatte der Metropolit von Kiew, Philaret, Moskau den Rücken gekehrt und die Ukrainische Orthodoxe Kirche - Kiewer Patriarchat gegründet, die allerdings von anderen orthodoxen Kirche nicht anerkannt wurde. Anerkannt war lediglich die Ukrainische Orthodoxe Kirche - Moskauer Patriarchat.

Hintergrund ist die Situation in der Ukraine

Die Annexion der Krim und der von Russland begonnene Krieg im Osten der Ukraine hatten die alten Spannungen verschärft. Theologisch gibt es keine Meinungsverschiedenheiten zwischen den unterschiedlichen orthodoxen Kirchen in der Ukraine. Da der Moskauer Patriarch Kyrill I. die Politik von Präsident Wladimir Putin aktiv unterstützt, wuchs jedoch die Entfremdung zwischen Ukrainern und der Moskau unterstellten Kirche zusehends. Die russische Kirche ist die größte unter den Orthodoxen, allerdings würde sie mit der Unabhängigkeit der Ukrainer etwa ein Drittel ihrer Gläubigen verlieren und darüber hinaus wertvolle Immobilien.

Auf Drängen der Regierung in Kiew, hatte der Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios, Anfang September zwei Exarchen bestellt, orthodoxe Geistliche aus Kanada und den USA, die aber aus der Ukraine stammen. Sie sollen nach einem Weg suchen, die ukrainischen Kirchen zu einer autokephalen zu einen.

© SZ vom 16.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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