Gipfeltreffen mit Merkel:Putin verspricht verlässliche Gas-Versorgung

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Deutschland und Russland wollen den Streit um die Energiepolitik beenden. Russlands Präsident kritisierte aber das Streben der EU nach Unabhängigkeit, das Russlands Zugang zum europäischen Energiemarkt einschränke.

Daniel Brössler

Putin verwies darauf, dass Russland Europa seit Jahrzehnten zuverlässig mit Energie versorge. "Selbst in Zeiten des Kalten Krieges, als die beiden Systeme am Rande eines Weltkrieges standen, hat die Sowjetunion Tag für Tag geliefert", sagte er.

Es sei daher unverständlich, dass heute in der völlig veränderten Weltlage Zweifel an der russischen Zuverlässigkeit gehegt würden. Sein Land stehe zu allen Verpflichtungen.

Putin fügte aber auch hinzu: "Wir hören ständig von einer Gefahr für die Unabhängigkeit durch Russland und, dass man den Zugang zum europäischen Markt für russische Unternehmen beschränken sollte."

Daher sei Russland zur Suche nach anderen Märkten gezwungen. Von einer Begrenzung der Exporte nach Europa könne aber keine Rede sein.

"Neue Qualität in Beziehungen"

Auch Merkel beschwor "40 Jahre verlässlicher deutsch-russischer Energiepartnerschaft" und zeigte sich überzeugt, dass diese auch künftig Bestand haben werde. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, der die Kanzlerin zusammen mit einem großen Teil des Kabinetts nach Tomsk begleitet hatte, sprach von "atmosphärischen Störungen", die behoben seien.

Ausgelöst worden waren die Irritationen durch Äußerungen von Alexej Miller, dem Chef des russischen Gasmonopolisten Gazprom. Dieser hatte Behinderungen auf dem europäischen Markt kritisiert und auf neue Absatzmärkte in Asien verwiesen.

Das war als Drohung verstanden worden. In Tomsk versicherte aber auch Miller, Europa werde noch in Jahrzehnten jede benötigte Menge Gas von Russland erhalten.

Als "qualitativ neuen Schritt" in den Beziehungen würdigte Merkel die zwischen Gazprom und BASF in Tomsk geschlossene Vereinbarung. Sie verschafft der BASF-Tochter Wintershall einen 35-Prozent-Anteil am Erdgasfeld Juschno Russkoje. Die Reserven des Feldes betragen 600 Milliarden Kubikmeter und können die russischen Gasexporte nach Deutschland für 15 Jahre sichern.

Die Vereinbarung sieht im Gegenzug vor, dass Gazprom den Anteil an der BASF-Tochter Wingas, die Gas in Deutschland vertreibt, von 35 auf 50 Prozent erhöhen darf. Ein Abkommen mit dem deutschen Energiekonzern Eon, der ebenfalls an Juschno Russkoje beteiligt werden will, kam in Tomsk nicht zustande.

"Das Abkommen mit Eon könnte in den nächsten drei Monaten unterzeichnet werden", sagte der Vize-Chef von Gazprom, Alexander Medwedew.

Als weiteres Wirtschaftsabkommen wurde eine Vereinbarung der Deutschen Bahn mit der Russischen Eisenbahn zur Gründung eines Logistikunternehmens in Russland unterzeichnet.

Die Deutsche Bank und die Kreditanstalt für Wiederaufbau schlossen Kooperationsvereinbarungen mit russischen Banken ab. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee und sein russischer Kollege Igor Lewitin vereinbarten in Tomsk, die Einführung eines Straßen-Mautsystems mit deutscher Hilfe in Russland voranzutreiben.

Putin: Keine Sanktionen gegen Iran

Zu keinen Ergebnissen führte das Gipfeltreffen in der Krise um das iranische Atomprogramm. Nötig sei ein "Vorgehen, das deutlich macht, dass die internationale Gemeinschaft geschlossen handelt", sagte Merkel.

Putin forderte, die Verantwortung dürfe nicht von der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) auf den UN-Sicherheitsrat abgewälzt werden. "Wir sind gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen", betonte er.

Jedes Vorgehen gegen Iran müsse aber international abgestimmt sein. Russland sprach sich bisher deutlich gegen Sanktionen aus. Beide Politiker lobten die gegenseitigen Beziehungen und verwiesen auf den vergangenes Jahr auf 39 Milliarden US-Dollar gestiegenen gemeinsamen Handel.

"Unsere Partnerschaft hat eine neue Qualität erreicht. Sie ist nicht nur partnerschaftlich, sondern strategisch", sagte Putin. Merkel nannte das Treffen in Tomsk einen Schritt zu einer "vertieften strategischen Zusammenarbeit".

© SZ vom 28.4.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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