Giftanschlag:London weist russische Diplomaten aus

Lesezeit: 2 min

Als Reaktion stoppt die britische Premierministerin May den politischen Dialog mit Moskau.

Von Alexander Menden, London

„Sarkasmus, Verachtung und Trotz“ wirft Premierministerin Theresa May Russlands Regierung vor und erläutert Großbritanniens Reaktion. (Foto: AFP)

Die britische Regierung weist als Reaktion auf die Vergiftung des früheren russischen Doppelagenten Sergej Skripal 23 russische Diplomaten aus. Das kündigte Premierministerin Theresa May im britischen Unterhaus am Mittwoch an. Diese Maßnahme gehört zu einer Reihe von Sanktionen gegen Russland, die der britische Nationale Sicherheitsrat unter Vorsitz Mays beschlossen hat. Bei den Diplomaten handele es sich um "nicht deklarierte Geheimdienstoffiziere", so May. Sie hätten eine Woche Zeit auszureisen. Es wäre die umfassendste Ausweisung russischer Diplomaten seit 30 Jahren. Damit soll laut May die "Demontage des russischen Spionagenetzwerks" in Großbritannien vorangetrieben werden. Auf Londons Antrag wollte sich der UN-Sicherheitsrat noch am Mittwoch mit dem Fall Skripal befassen, die Nato am Donnerstag.

"Es ist keine andere Schlussfolgerung möglich, als dass der russische Staat für den versuchten Mord an Sergej Skripal und seiner Tochter verantwortlich ist", sagte May. Skripal und seine Tochter Julia waren am 4. März in Salisbury gefunden und mit lebensgefährlichen Vergiftungserscheinungen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Beide sollen mit dem in der Sowjetunion entwickelten Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet worden sein. May hatte Moskau bis Dienstag um Mitternacht Zeit gegeben, sich dazu zu äußern, wie das bei dem Anschlag verwendete Gift nach Großbritannien gelangt sein könnte.

Der Kreml ließ das Ultimatum verstreichen und bestellte am Mittwoch den britischen Botschafter Laurie Bristow ein, um ihm mitzuteilen, die britische Regierung verhalte sich "offen provokativ". Nachdem Russland keine glaubhafte Erklärung abgegeben, sondern mit "Sarkasmus, Verachtung und Trotz" reagiert habe, sei nun eine "entschiedene Reaktion" auf "die ungesetzliche Anwendung von Gewalt durch den russischen Staat gegen das Vereinigte Königreich" nötig, erklärte May. So wurde eine Einladung an Moskaus Außenminister Sergej Lawrow gestrichen, hochrangige Kontakte zu Russland sollen ausgesetzt werden. Britische Behörden sollen künftig leichter Spionage-Verdächtige an der Einreise hindern und private Jets durchsuchen können. Bisher gelten solche Vollmachten nur bei Terrorverdacht.

Zu den Maßnahmen gehört weiter, dass russisches Staatsvermögen eingefroren werden soll, wenn es Hinweise gibt, dass es dazu genutzt werden könnte, Leben oder Besitz in Großbritannien ansässiger Menschen zu gefährden. "Wir werden alle Ressourcen unserer Strafverfolgungsbehörden gegen Kriminelle und korrupte Eliten einsetzen", kündigte May an: "In unserem Land ist kein Platz für diese Leute oder ihr Geld." Ferner werde kein Mitglied der Regierung oder des Königshauses zur Fußball-WM nach Russland reisen.

Die Premierministerin sagte, die Maßnahmen seien beschlossen worden in enger Absprache mit US-Präsident Donald Trump, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Sie betonte, es gebe "keine Differenzen mit dem russischen Volk". "Viele von uns hatten große Hoffnungen in das post-sowjetische Russland gesetzt", so May, "es ist tragisch, dass Präsident Putin sich entschlossen hat, in dieser Weise zu handeln."

Die russische Regierung hat am Mittwoch Vergeltung für die britischen Strafmaßnahmen angekündigt. Das Außenministerium in Moskau nannte die von London angekündigten Maßnahmen eine "beispiellose grobe Provokation". Russland werde in Kürze darauf reagieren.

© SZ vom 15.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: