Gewaltdrohungen:Dreck aus dem Netz

Diese E-Mails sind Attacken auf die gesamte Gesellschaft.

Von Ronen Steinke

Für einige Menschen in Deutschland zählen solche E-Mails zum bitteren Alltag. E-Mails, in denen sie und ihre Familien bedroht werden, mit Mordfantasien, Todesurteilen, Obszönem. Menschen, die beim Zentralrat der Juden arbeiten, zum Beispiel. Dessen ehemalige Präsidentin Charlotte Knobloch ist bewundernswert dafür, wie sie das zumindest nach außen hin alles wegzulächeln weiß. Eine 86-jährige Dame, die leise spottet: "Meine Fans in der antisemitischen Szene schreiben mir immer noch rege."

So eine Haltung kann man von niemandem verlangen. Aber man darf sie jenen von Herzen wünschen, die jetzt von anonymen E-Mail-Schreibern unter den Tarnnamen "Nationalsozialistische Offensive", "NSU 2.0" oder "Wehrmacht" bedroht werden. Immer mehr Menschen müssen heute so einen Dreck aushalten. Auch weil es immer einfacher wird für die Täter, sich anonym hinter Verschlüsselungssoftware im Netz zu verstecken. Man kann für die jetzt betroffenen Anwältinnen, Abgeordneten, Künstler nur hoffen, dass sie sich nicht Bange machen lassen.

Verlangen muss man aber von den Sicherheitsbehörden, dass sie keinen Zweifel daran lassen: Auch wenn es "nur" Drohungen sind, noch keine realen Gewalttaten, ist die volle Härte des Rechtsstaats nötig. Dies sind Attacken auf die gesamte Gesellschaft.

© SZ vom 14.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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