Gesundheitspolitik:Besuch im Heim

Politik und Gesellschaft entscheiden, wie viel Pflege wert ist.

Von Matthias Drobinski

Wenn Politiker sich mit dem Alltag gewöhnlicher Menschen auseinandersetzen, ist das ehrenhaft; gut also, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel den Pfleger Ferdi Cebi im Paderborner Caritas-Altenheim besucht und damit ein Versprechen aus dem Wahlkampf eingelöst hat. So konnte sie sehen, was es heißt, jemanden zu füttern oder umzubetten - und dass der Pflegeberuf trotz aller Belastung glücklich machen kann.

Die Kanzlerin konnte aber auch sehen, was ihr Gesundheitsminister Jens Spahn am selben Tag angesprochen hat: Für den verantwortungs- und anspruchsvollen Beruf, den sie ausüben, bekommen Menschen in der Pflege gemeinhin zu wenig Geld. Bei den meisten privaten Trägern ist die Tarifbindung dahin; bei den kirchlichen Einrichtungen sieht es da besser aus, doch auch hier bekommen die Pflegenden längst nicht die finanzielle Anerkennung, die sie verdienen.

Ein faires Tarifsystem für alle Pflegenden, wie Jens Spahn wünscht, wäre schön - allerdings auch ein Bruch mit einer Gesundheitspolitik, die bislang über Privatisierungen kostengünstiger werden sollte. Was die Pflege wert ist, darüber entscheidet der politische und gesellschaftliche Wille. Er muss sie als gemeinschaftlich zu finanzierende Aufgabe sehen. Dafür braucht es noch manchen Politikerbesuch im Heim.

© SZ vom 17.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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