Gesundheit:Mehr Arbeit fürs Herz

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Welche Gefahren die Kälte und heftige Temperaturschwankungen für manche Menschen mit sich bringen können.

Von Werner Bartens

Der Blick aus dem Büro oder der urigen Berghütte in die Winterwelt verkennt, wie gefährlich eisige Temperaturen tatsächlich sein können. Angesichts von minus 35 Grad und mehr im Mittleren Westen der USA warnen Ärzte und Nothelfer vor "lebensbedrohlichen" Bedingungen. Die New York Times spricht von einer "gnadenlosen" Kälte, die sich um Detroit, Minneapolis und Chicago ausgebreitet hat. Wird der erhebliche Wind-Chill-Faktor mit eingerechnet, ergeben sich stellenweise "gefühlte" minus 53 Grad.

Bei Aufenthalten in großer Kälte kann es schon nach kurzer Zeit zu Frostbeulen und leichten Erfrierungen kommen. Der Kältetod aber droht vor allem Obdachlosen. Einer großen Gefahr sind auch Herzkranke ausgesetzt. Der starke Temperaturabfall kann dazu führen, dass sich die Herzkranzarterien verkrampfen, Ablagerungen aufplatzen und nachfolgend die Gefäße verstopfen. "Bei einer bereits bekannten koronaren Herzerkrankung ist deshalb besondere Vorsicht geboten", warnt aktuell der Bundesverband niedergelassener Kardiologen, auch wenn in Deutschland nur knapp zweistellige Minusgrade erreicht werden. Trotzdem sei mit bis zu zehn Prozent mehr Infarkten im Winter zu rechnen, so die Herzexperten.

Das Immunsystem leidet erst, wenn man lange der Kälte ausgesetzt ist

Weil sich in der Kälte die Blutgefäße im gesamten Körper stärker zusammenziehen, muss das Herz das Blut gegen erhöhten Widerstand in die Adern pumpen. Das bedeutet mehr Arbeit für das Herz und zugleich einen Anstieg des Blutdrucks. Beides erhöht die Gefahr für Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich, weshalb es in der kalten Jahreszeit öfter dazu kommt. Typisch sind Zwischenfälle beim Schneeschippen, wie es jetzt einem Mann in Milwaukee passiert ist. Durch die ungewohnte Anstrengung und Kälte ist er erst kollabiert und dann in seiner Garage erfroren.

Wer ein geschütztes Heim hat und sich warm anzieht, hat ansonsten bei extremen Minusgraden wenig zu befürchten. Kälte schwächt das Immunsystem erst, wenn man ihr lange ausgesetzt ist. Zu Erkältungen kommt es eher durch infizierte Mitmenschen in Bahnen, Bussen und Büros, denen man schlechter ausweichen kann als im Sommer. Kalte Luft wird von robusten Naturen als herrlich klar empfunden. Wer empfindlich ist oder Asthmatiker, sollte durch die Nase atmen, mit Tuch vorm Gesicht, oder Anstrengungen in der Kälte vermeiden. Andere gehen auch bei minus 15 Grad joggen oder auf Skitour. Alkohol mag zwar kurzfristig wärmen, ist aber in der Kälte genau das Falsche. Er erweitert die Blutgefäße der Haut, was wiederum die Durchblutung und so die Wärmeabgabe erhöht. Der Körper kühlt schneller aus und zieht Wärme von inneren Organen ab. Durch diese Umverteilung muss das Herz wieder mehr arbeiten, was bei Alten und Kranken zu diversen Beschwerden von der Kreislaufstörung bis zum Infarkt führen kann.

Zum Wochenende drohen weitere Belastungen für Herz und Kreislauf. Dann sollen die Temperaturen vielerorts im Mittleren Westen um mehr als 30 Grad steigen. Auch diese Umstellung ist eine Herausforderung für den Körper. Wenn sich die Gefäße plötzlich stark erweitern, können Ohnmacht, aber auch Infarkt und Schlaganfall aufgrund der relativen Minderdurchblutung die Folge sein.

© SZ vom 01.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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