Gesundheit:Gefängnisstrafe für korrupte Ärzte

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Mediziner sollen bis zu drei Jahre in Haft, wenn sie Mittel verschreiben und dafür von der Pharmaindustrie Geld kassieren. Durch Korruption entstehen in Deutschland laut Studien Schäden in Milliardenhöhe.

Von Guido Bohsem, Berlin

Lassen sich Ärzte, Apotheker, Physiotherapeuten und andere Dienstleister im Gesundheitswesen bestechen, drohen ihnen künftig bis zu drei Jahre Haft. In schweren Fällen können sogar fünf Jahre Freiheitsstrafe verhängt werden, heißt es in einem am Mittwoch von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzesentwurf. Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte, jährlich entstünde durch Korruption im Gesundheitswesen Schaden in Milliardenhöhe. "Mit dem geplanten Gesetz sorgen wir dafür, dass das Geld dort hinkommt, wo es hingehört, zu den Patienten."

Verlässliche Zahlen über das Ausmaß der Korruption im Gesundheitswesen gibt es nicht. Einzelne Studien gehen für Deutschland von bis zu elf Milliarden Euro aus, die dadurch verloren gehen. Die Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen beziffert den Schaden hingegen nur auf mehr als eine Milliarde Euro.

Seit Mitte 2012 gibt es effektiv kein strafrechtliches Vorgehen mehr gegen Korruption bei Kassenärzten. Damals urteilte der Bundesgerichtshof, dass niedergelassene Ärzte Freiberufler seien und keine Amtsträger der Krankenkassen. Insofern könnten sie auch nicht zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie Geld dafür bekämen, bestimmte Medikamente besonders häufig zu verschreiben. Im konkreten Fall hatte die Referentin eines Pharmakonzerns zu diesem Zweck insgesamt 18 000 Euro an mehrere Ärzte vergeben.

Mit dem neuen Gesetz soll diese Praxis strafbar werden. Die Justiz soll sich nach den Plänen künftig auch sogenannte Anwendungsbeobachtungen näher anschauen. Ärzte erhalten dabei von der Pharmaindustrie Geld, wenn sie ihren Patienten ein bestimmtes Medikament verschreiben und festhalten, wie dieses Mittel im Einzelnen wirkt. Erlaubt sollen solche Beobachtungen nur noch dann sein, wenn die Studien im Nachhinein veröffentlicht werden. Häufig geschieht das jedoch nicht, und das Verfahren dient nur als Mittel, neue Medikamente in den Markt einzuführen.

Verboten werden durch das Gesetz auch sogenannte Kickback-Geschäfte. Hier verweist der zuständige Arzt seine Patienten nicht an das jeweils beste Krankenhaus, sondern an die Klinik, die ihm dafür eine Prämie zahlt. Aber auch hier soll es Ausnahmen geben - etwa wenn es sich um ausdrücklich erwünschte Kooperationsformen zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern handelt.

Maas zeigte sich davon überzeugt, dass mit dem Gesetz das Vertrauen der Patienten in die Ärzteschaft und die anderen Medizinberufe gefestigt werde. Gleichwohl sei die Regelung notwendig, damit sie die beste Behandlung erhielten und nicht die Behandlung, die für den Arzt die beste sei. "Die Patienten können sicher sein, dass die schwarzen Schafe ein Fall für den Staatsanwalt werden", sagte der Justizminister. Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, sagte, es drohe jedoch große Unsicherheit bei der Frage, was Korruption sei oder nicht. Die Kassen hingegen begrüßen die Regelung.

© SZ vom 30.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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