Schröder über seinen TV-Auftritt 2005:"Irgendwie auch 'ne Kultsendung, oder?"

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Es ist einer der legendären deutschen TV-Momente: Gerhard Schröders Auftritt am Wahlabend 2005. Nach der Elefantenrunde wollte die Nation eigentlich nur eines wissen - was hat sich der ehemalige Bundeskanzler dabei gedacht? Erstmals beantwortet Schröder diese Frage.

Am Wahlabend, 2005, beginnt der Moderator mit "Herr Bundeskanzler" - da wird er schon von Gerhard Schröder mit einem breiten Grinsen unterbrochen: "Is ja schön, dass Sie mich schon so ansprechen." Der Moderator überrascht: "Sind Sie jetzt schon zurückgetreten?" Schröder: "Nein, überhaupt nicht."

SPD-Anhänger verfolgen 2005 den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder in der Elefantenrunde: "Ist doch irgendwie auch 'ne Kultsendung, oder?" (Foto: AFP)

Der spektakuläre Auftritt Gerhard Schröders am Abend des 18. Septembers 2005 hat Einzug in die bundesdeutsche Fernsehgeschichte gehalten, soviel steht fest. Es ist 20:15 Uhr, SPD und CDU sind mit 34 und 35 Prozent fast gleichauf. Schröder gibt sich dennoch siegessicher, siegestrunken schreiben viele Medien - und attackiert seine Herausforderin und die damalige Oppositionsführerin Angela Merkel scharf: "Es gibt einen eindeutigen Verlierer: Und das ist nun wirklich Frau Merkel", tönt Schröder. Den moderierenden Chefredakteuren von ARD und ZDF wirft er parteiische Berichterstattung.

Es war einer der wenigen Momente, in denen der Privatmann im Politiker durchkam. Am Tag danach bewegte die Nation die Frage: Was hatte Schröder bloß genommen? Alkohol sei nicht im Spiel gewesen, erklärte der Altkanzler wenige Tage später in einem Interview mit der Zeit und gab sich reumütig.

Nun, fast sechs Jahre später blickt Schröder auf diesen Auftritt zurück und klärt die Nation erstmals über seine Beweggründe auf. Er habe sich gedacht, "jetzt ist es aus mit der Diplomatie, jetzt wollen wir doch mal sehen, was hier los ist", sagte der 67-Jährige der Welt am Sonntag. Es sei aber nicht richtig, dass er zu diesem Zeitpunkt - gegen 20 Uhr - noch mit einem Umschwung zugunsten der SPD gerechnet habe. Der Sozialdemokrat räumt in der Welt am Sonntag ein, ein "bescheidenerer Auftritt wäre besser gewesen".

Aber den habe er nicht gewollt. "Man hätte eigentlich sagen müssen: 'Wissen Sie, wir haben ein Ergebnis erreicht, mit dem keiner mehr gerechnet hatte, und Frau Merkel hat etwas mehr Stimmen, und nun muss sie sehen, wie sie eine Regierung bilden kann." Sein Verhalten erklärte er so: "Das kannst du dir jetzt auch leisten. Das ist die letzte Schlacht."

Als Fazit fügte der ehemalige Kanzler hinzu: "Ist doch irgendwie auch 'ne Kultsendung, oder?" Unterstützung für diese Selbsteinschätzung erhält er von den Nutzern der Videoplattform Youtube: Dort ist der Moment unter dem Titel "Legendary 'Elefantenrunde' after 2005" eingestellt - mehr als 70.000 Nutzer haben den Clip angeklickt.

© sueddeutsche.de/dpa/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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