Generaldebatte:Merkel widerspricht Trumps Ideen

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Für die Kanzlerin ist die "Abschottung" Deutschlands keine Antwort auf die Globalisierung - Kritik kommt von der Linken.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Angesichts rechtspopulistischer Erfolge und der Wahl von Donald Trump hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu mehr Einsatz für Weltoffenheit und freiheitliche Werte aufgerufen. "Offenheit wird uns mehr Sicherheit bringen als Abschottung", sagte Merkel am Mittwoch bei der Generaldebatte im Bundestag. In der ganzen Welt sorge die Globalisierung für Verunsicherung. "Viele Menschen machen sich in diesen Tagen Sorgen um unsere gewohnte Ordnung", so die Kanzlerin. Die Antwort dürfe aber kein Rückzug aufs Nationale sein, sondern Multilateralismus und "gemeinsame Gestaltung der Globalisierung". Von der Opposition kam scharfe Kritik. Die Menschen fühlten sich vom Staat im Stich gelassen, sagte Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht.

Die Generaldebatte, bei der es eigentlich um Haushaltsfragen geht, nutzt die Opposition traditionell zum Schlagabtausch mit der Regierung. Nach dem Wahlerfolg von Donald Trump in den USA und angesichts des Rückenwindes für populistische Bewegungen in Europa aber drehte sich die Debatte am Mittwoch vor allem darum, wie den Ängsten der Bürger zu begegnen sei. Mehr als 25 Jahre nach dem Fall der Mauer und dem Aufbruch Mittel- und Osteuropas in die EU zweifelten die Menschen wieder an erlernten Werten wie Meinungsfreiheit oder sozialer Marktwirtschaft, sagte Merkel. "Ich glaube, dass das, was wir für selbstverständlich gehalten haben, so selbstverständlich nicht ist." Auch könnten in Folge der Digitalisierung "Fake-Seiten, Bots, Trolle" die Meinungsbildung verfälschen. Sorge bereite auch, was "um uns herum passiert", etwa in der Türkei oder Syrien. Nicht im Alleingang, sondern nur durch gemeinsames Handeln der internationalen Gemeinschaft könnten Lösungen gefunden werden. Die Kritik der Opposition an wachsender Ungerechtigkeit in Deutschland wies Merkel zurück. Nie sei es dem Land so gut gegangen, sagte sie. "Das sollte man den Menschen auch sagen."

Wagenknecht dagegen zeichnete ein düsteres Deutschlandbild. "Aus allen wichtigen Bereichen, in denen er früher dem Leben der Menschen Stabilität und Sicherheit gegeben hat, hat der Staat sich zurückgezogen", sagte sie. Personalabbau bei der Polizei habe "ganze Wohnviertel zu nächtlichen No-go-Areas" gemacht. In Schulen und Kitas fehle Personal, die Ungleichheit wachse. "Der einfache Bürger kämpft um das Überleben", so Wagenknecht. Wenn die Regierung dies weiter ignoriere, ebne sie "irgendwann einem deutschen Donald Trump den Weg ins Kanzleramt". Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter rief zum Kampf gegen Rechtspopulismus auf: "Wir müssen uns gemeinsam den Demagogen, den Nationalisten und Autoritären entgegenstellen." Keine soziale Not und keine "gefühlte Identitätsverunsicherung" rechtfertige rassistische, frauenfeindliche oder homophobe Handlungen. Offene Kritik am nächsten US-Präsidenten äußerte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann: Der "Rassismus von Donald Trump" werde zur "Gefahr für die Demokratie", wenn er ihn im Amt fortsetze.

© SZ vom 24.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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