Gelöbnis:"Mahnung an Deutschland, Europa und die Welt"

Lesezeit: 2 min

"Vorbild, Leitbild und Verpflichtung": Die Politik hat der Hitler-Attentäter des 20. Juli 1944 gedacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel ehrte die Verschwörer bei einem öffentlichen Gelöbnis von 400 Rekruten.

S. Braun

Die deutsche Politik hat am Montag in zentralen Feiern der Attentäter des 20. Juli 1944 gedacht. An diesem Tag vor 65 Jahren hatten Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Mitstreiter versucht, Adolf Hitler zu ermorden.

Zum zweiten Mal in der Geschichte der Bundeswehr haben Rekruten vor dem Reichstag in Berlin ihr Gelöbnis abgelegt. Auch Kanzlerin Merkel und Verteidigungsminister Jung nahmen teil. Die Zeremonie fand traditionell am Jahrestag des gescheiterten Attentats auf Hitler statt. Die etwa 400 Rekruten sprachen die festgelegte Formel, "der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen". (Foto: Foto: dpa)

Noch in der Nacht nach dem gescheiterten Anschlag waren Stauffenberg und drei seiner engsten Begleiter im Berliner Bendlerblock erschossen worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel ehrte die Verschwörer des 20. Juli bei einem öffentlichen Gelöbnis von 400 Rekruten vor dem Reichstag in Berlin.

Sie hätten Deutschland "Würde und Ehre bewahrt" und seien heute "Vorbild, Leitbild und Verpflichtung", sagte sie. Die Bundeswehr sei eine "mit Geist statt mit willenlosem Kadavergehorsam" erfüllte Armee, der Wehrdienst eine "Bürgertugend".

Merkel bekannte sich ausdrücklich zur Wehrpflicht, die ihr Wunschkoalitionspartner, die FDP, abschaffen möchte und rechtfertigte die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Merkel sagte an die Rekruten gewandt, in deren Alter habe sie in der DDR gelebt und sich "zutiefst nach Freiheit gesehnt." Umso mehr erfülle es sie mit Dankbarkeit, dass es heute als Kanzlerin zu uihren Aufgaben gehöre, die Freiheit zu bewahren.

Zum Gedenken an die Toten legte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) am Mittag im Ehrenhof des Bendlerblocks einen Kranz nieder. Vor der Kranzniederlegung sagte Dieter Thomas, Mitglied im Vorstand der Stiftung 20.Juli, an diesem Tag wolle man nicht allein an die Attentäter erinnern, man gedenke darüber hinaus auch aller Opfer des Nationalsozialismus und "der Menschen, die schon seit 1933 im Widerstand lebten, meist einsam und verbittert angesichts des Widerhalls, den nationalsozialistische Politik fand, sowohl in unserem Volk als auch weit über Deutschland hinaus".

Diese Menschen hätten Widerstand geleistet, viele von ihnen hätten in Plötzensee ihr Leben lassen müssen. Sie seien aus allen Parteien der Weimarer Republik gekommen, es seien Unternehmer wie Arbeitnehmer gewesen, Studenten wie Professoren, Offiziere und Soldaten oder Geistliche. Der Vertreter der Stiftung, die 1949 auf Betreiben von Überlebenden und Hinterbliebenen des deutschen Widerstands und unter Mithilfe des damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss gegründet worden war, erinnerte daran, dass ,,Krieg, Gewalt und Verbrechen gegen Menschen und Völker'' auch die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts und die Zeit bis heute durchzogen hätten. "Umso lebendiger bleibt daher die Mahnung, Gewalt und Unrecht zeitig genug zu widerstehen", sagte Thomas. Der 20. Juli 1944 sei "eine Mahnung an Deutschland, aber auch an Europa und die Welt."

Auch bei einer Feierstunde in der Berliner Gedenkstätte Plötzensee wurden zum Gedenken an die Opfer Kränze niedergelegt. Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) erinnerte daran, dass dort fast 3000 Menschen während der NS-Gewaltherrschaft umgebracht wurden. Gut die Hälfte von ihnen seien Widerstandskämpfer aus den von den Deutschen besetzten Ländern Tschechoslowakei, Polen und Frankreich gewesen.

Für die Bundesregierung sagte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg: "Die Männer und Frauen des Widerstands haben unsere Ehre verteidigt und sie an uns weitergereicht. Deshalb ehren wir sie heute." Dank gebühre auch den Familien der Attentäter. "Auch sie waren tragende Säulen des Widerstands und des nachfolgenden Lebens."

Guttenberg räumte ein, dass manche sich erst spät gegen die Tyrannei des Nationalsozialismus aufgelehnt hätten. Aber es sei allzu "hochmütig", wenn einige sich heute über den Mangel an demokratischem Bewusstsein unter den Verschwörern beklagten. Deren Leistung verpflichte "zu Demut und unbedingtem Einsatz für das Erbe des 20. Juli - Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde."

© SZ vom 21.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: