Geldpolitik:Der ewige Gauweiler

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Viele in der aktiven Politik wären ihn gerne endlich los: Diesen bayerischen Anwalt, der bei seinem Herzensthema einfach nicht lockerlässt.

Von Cerstin Gammelin

Der Rechtsanwalt Peter Gauweiler beginnt seinen Tag nicht vor zehn Uhr morgens. Frühere Telefonate? Bitte nicht. Abends dafür kann es lange gehen. Und manchmal kennt der frühere CSU-Politiker offenbar überhaupt kein Ende. So wie bei dieser ganz besonderen Klage vor dem Bundesverfassungsgericht - die ihn über die Jahre für viele zum "ewigen Gauweiler" gemacht hat.

Wer ihn reden hört über diese Klage, der bekommt den Eindruck - und das will schon was heißen bei einem, der für die CSU lange ganz vorne in der bayerischen Politik mitgemischt hat -, dass da jemand an seinem Lebenswerk bastelt. Ein Anwalt aus München legt sich vor dem Bundesverfassungsgericht mit einer der wichtigsten EU-Institutionen an, der Europäischen Zentralbank - und weil die unabhängig ist, stellvertretend mit der Bundesregierung und dem Bundestag. Gauweiler kratzt an nichts Geringerem als der gemeinsamen Währung, dem Euro. In Berlin sieht man das so: Da nervt einer aus der Provinz ganz fürchterlich.

Die Klage dreht sich vereinfacht gesagt um die aus der Geldpolitik der Notenbank resultierenden superniedrigen Zinsen. Gauweiler findet, dass diese den Bundesbürgern erhebliche Nachteile bescheren, sie zahlen hohe Preise für Immobilien und bekommen so gut wie nichts mehr für ihre Lebensversicherung. Ist das noch verhältnismäßig?

Hat es dazu nicht schon ein spektakuläres Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegeben? Richtig, am 5. Mai hatten die Richter verfügt, Bundesregierung und Bundestag sollten von der Bank in Frankfurt verlangen, darzulegen, dass die Nebenwirkungen der Geldpolitik verantwortbar seien. Und: Sollte das nicht nachgewiesen können, müsse hierzulande Schluss sein mit den niedrigen Zinsen. Sie setzten eine Frist, den 5. August.

Seither fühlt Gauweiler sich veräppelt. Der Ärger begann damit, dass er einige Dokumente, die an das Gericht übermittelt wurden und beweisen sollen, dass alles verhältnismäßig zugeht, innerhalb der gesetzten Frist nicht einsehen durfte - wozu er als Kläger das Recht hätte. Und selbst die Dokumente, die er zu sehen bekam, weil sie nicht als besonders vertraulich eingestuft waren, überzeugten ihn nicht. Sie enthielten keine empirischen Analysen oder Modellrechnungen, nur Behauptungen, moniert er.

Gauweiler zündete die nächste Stufe der Eskalation: Er stellte am 7. August einen Antrag auf Vollstreckung des Urteils. Was konkret heißen würde, die Bundesbank dürfte nicht mehr alles mitmachen, was die EZB macht. Man müsse ja nun endlich mal Klarheit haben.

Seither wird Papier hin und her geschickt, Bundesregierung und Bundestag schreiben Stellungsnahmen, dass sehr wohl die Anforderungen des Gerichts erfüllt seien. Dass eine "mit spezifischem geldpolitischem Sachverstand ausgestattete unabhängige Zentralbank volkswirtschaftliche Behauptungen ohne empirische Evidenz ins Blaue hinein" aufstelle, sei schlicht falsch - es gebe also nichts zu vollstrecken. Gauweiler hält das für "absurde Polemik", eine Behauptung sei kein Nachweis. Anfang Dezember hat er beim Bundesverfassungsgericht erneut Antrag auf Vollstreckung des Urteils gestellt.

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