Gegen Einsatz von Kindersoldaten:Minderjähriges Kanonenfutter

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Weltweit werden 250.000 Kinder als Soldaten missbraucht - eine Konferenz in Paris will sie nun wirksam schützen.

Arne Perras

Oft müssen die Jüngsten die gefährlichsten Aufgaben erledigen: Den Feind ausspähen oder durch Minenfelder robben. Kinder kämpfen in den meisten Kriegen der Dritten Welt.

Kinder - wie hier ein minderjähriger Soldat in Myanmar - werden von skrupellosen Militärmachthabern oft ausgebeutet. (Foto: Foto: dpa)

Sie sind gefügig und leicht zu manipulieren, deshalb werden sie gerne von Kommandeuren rekrutiert. Daran haben auch internationale Konventionen zum Schutz Minderjähriger wenig geändert.

250.000 Jungen und Mädchen dienen weltweit in Armeen, sie kämpfen für Regierungen oder Rebellen, zumeist in Afrika. Nun soll eine internationale Konferenz in Paris neue Impulse geben, um den Missbrauch von Kindern als Killermaschinen zu stoppen.

,,Kleine Zeitbomben'' nennt Frankreichs Außenminister Philippe Douste-Blazy die jungen Kämpfer, weil sie ihren Ländern die Zukunft raubten und jede Entwicklung dort unmöglich machten.

Schutz vor Rekrutierung

Ziel des zweitägigen Treffens ist es, einen Katalog mit ,,Pariser Prinzipien'' zu verabschieden. Damit sollen sich teilnehmende Staaten verpflichten, Kinder vor Rekrutierung zu schützen und sie nach dem Ende von Konflikten wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Etwa fünfzig Länder haben Vertreter nach Paris entsandt. Ob das Dokument viel bewirken kann, ist ungewiss.

Dennoch glaubt die UN-Sonderbeauftragte Radhika Coomaraswamy fest daran, dass das Kindersoldatentum abgeschafft werden kann, "genauso wie einst die Sklaverei''. Die Weltgemeinschaft müsse nur gemeinsam weiter dagegen kämpfen. Dazu gehöre vor allem, dass diejenigen auch bestraft würden, die Kinder zu Soldaten machten.

Seit der letzten großen Kindersoldaten-Konferenz vor zehn Jahren hat sich manches gebessert. Der UN-Sicherheitsrat beschäftigt sich öfter als früher mit dem Problem. Große Kriege, wie die in Angola, Liberia, Sierra Leone und dem Südsudan, sind zu Ende gegangen. Nahezu hunderttausend junge Kämpfer haben weltweit in den vergangenen Jahren ihre Waffen abgegeben.

Doch den meisten fällt es schwer, die Last der Erinnerung zu bewältigen und sich in ihrem neuen Leben ohne Kalaschnikow zurechtzufinden. Zwar stehen ihnen oft Kinderschutzorganisationen wie Unicef zur Seite. Aber längst nicht alle bekommen die Chance, wieder auf die Schule zu gehen oder einen Beruf zu erlernen. Mancherorts können sie nicht zurück in ihre Dörfer, weil sie Nachbarn getötet haben, einige wurden sogar gezwungen, eigene Familienmitglieder zu erschießen.

Nicht alle Kinder werden zwangsrekrutiert. Immer wieder schließen sich gerade ältere Kinder freiwillig den Milizen an, entweder weil sie Schutz vor anderen Soldaten suchen, oder weil sie mit einer Waffe in der Hand plötzlich ungeahnte Kräfte verspüren. In der perversen Welt des Krieges, der sie nicht entfliehen können, haben sie auf einmal Macht. Sie genießen Respekt, können mit ihrem Gewehr Sex erzwingen oder auf dem Markt essen und trinken, so viel sie wollen. Ohne Waffe wären sie dagegen Freiwild.

Lubanga vor Gericht

Für die Kommandeure, die Kindersoldaten anheuern, ist das Risiko wohl gestiegen, für solche Verbrechen bestraft zu werden. Das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) definiert jede Rekrutierung von Kindern unter 15 Jahren als Kriegsverbrechen. In einem ersten Prozess muss sich nun der kongolesische Milizenführer Thomas Lubanga dafür verantworten. Auch die Anklage gegen den inzwischen inhaftierten Warlord und Ex-Präsidenten Liberias, Charles Taylor, baut zum Teil auf ähnlichen Vorwürfe auf.

Menschenrechtsgruppen wie Human Rights Watch haben stets argumentiert, dass diese Prozesse eine abschreckende Wirkung auf künftige Kriegsherren haben werden. Allerdings ist dies schwer zu beweisen. Bislang jedenfalls werden Kinder weiterhin in Kriege gezerrt, wie jüngere Konflikte in Afrika zeigen, zum Beispiel die Kämpfe in Darfur.

Auch in Sri Lanka wurden kürzlich wieder Kinder entführt, um die Rebellentruppe der Tamilischen Tiger zu verstärken. Die politischen Führer solcher Bewegungen können internationale Drohgebärden nur dann beeindrucken, wenn man sie auch tatsächlich fassen kann. Dies ist bislang in nur wenigen Fällen gelungen.

Es wäre schon ein Fortschritt, wenn reichere Staaten sich nicht nur auf kurzfristiges Krisenmanagement beschränken, sondern in jenen Ländern, die einen Krieg überwunden haben, längere Zeit Aufbauhilfe leisten. Sonst ist die Gefahr groß, dass die Staaten in die Gewalt zurückfallen und gerade erst entwaffnete Kinder wieder losziehen, um zu töten.

© SZ vom 06.02.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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