Gefechte im Libanon:Mindestens 40 Tote

Lesezeit: 1 min

Bei Gefechten zwischen der libanesischen Armee und al-Qaida nahestehenden Palästinensern im Libanon sind nach Angaben aus Sicherheitskreisen mindestens 40 Menschen getötet worden.

Tomas Avenarius

Die Kämpfe hatten in der Mittelmeer-Hafenstadt Tripoli begonnen, als Sicherheitskräfte mehrere Palästinenser festnehmen wollten. Die Verdächtigten standen der militanten Palästinensergruppe Fatah al-Islam nahe und hatten angeblich eine Bank überfallen. Die Gefechte griffen auf das nahegelegene Palästinenser-Flüchtlingslager Nahr al-Bared über. Dort hat die militante radikal-islamische Palästinensermiliz Fatah al-Islam ihre Basis. Die Schießereien zogen sich über den Tag hin.

Die Kämpfe mit den radikalen Palästinensern könnten den in einer innenpolitischen Krise steckenden Libanon weiter destabilisieren. Die pro-westliche Regierung und der pro-syrische Präsident streiten seit Monaten um die Ausrichtung des Landes hin zum Westen oder in Richtung der syrisch-iranischen Achse. Sollte die schlechtbewaffnete libanesische Armee die Kämpfe in Tripoli nicht schnell für sich entscheiden, könnte sich das Problem ausweiten: es gibt im Libanon mehrere gut bewaffnete Palästinensermilizen.

Eklatantes Sicherheitsproblem

Diese stellen eines der größten Sicherheitsprobleme Libanons dar. Seit der Gründung des Staates Israel und der Flucht und Vertreibung Hunderttausender Palästinenser im ersten Nahostkrieg leben Millionen dieser Flüchtlinge in den Nachbarstaaten Jordanien, Ägypten, Syrien und Libanon.

Im Libanon ist die Mehrheit der rund 300000 Palästinenser bis heute in Flüchtlingslagern untergebracht. In diesen haben sich militante Gruppen gebildet. Diese hatten sich in den 80er Jahren unter dem Sammelnamen Fatah al-Intifada von der palästinensischen Dachorganisation PLO abgespalten. Die libanesischen Palästinensergruppen sind Schützlinge Syriens. Sie werden von Damaskus bewaffnet, sie haben sich inner- und außerhalb der Flüchtlingscamps befestigte Militärlager eingerichtet. Zu diesen haben die libanesischen Sicherheitskräfte keinen Zugang.

Fatah al-Islam ist wiederum eine radikale Splittergruppe der Fatah al-Intifada. Sie scheint engste Verbindungen zu syrischen Sicherheitsdiensten zu haben. Medienberichten zufolge nutzen die syrischen Dienste die Fatah al-Islam, um den Libanon zu destabilisieren.

So soll Fatah al-Islam für zwei Bombenattentate auf Busse verantwortlich sein, bei denen drei Menschen starben. Zugleich scheint Fatah al-Islam Kontakte zur al-Qaida zu haben. So soll der Führer der Fatah al-Islam, Shakir al-Abssi, zusammen mit dem inzwischen zu Tode gekommenen irakischen Al-Qaida-Führer Abu Mussab al-Sarkawi in Jordanien einen US-Diplomaten ermordet haben.

Tripoli, Libanons zweitgrößte Stadt, bietet den idealen Nährboden für radikalislamische Sunniten-Gruppen. Anders als andere Städte im gemischt-konfessionellen Libanon ist die Hafenstadt zur großen Mehrheit sunnitisch besiedelt; die Bevölkerung ist traditionell konservativ. Inzwischen gilt Tripoli als Hort sunnitisch-islamistischer Gruppen. Zwei Libanesen, die im Juli 2006 versucht hatten, in Köln zwei Bundesbahn-Regionalzüge in die Luft zu sprengen, stammen aus Tripoli.

© SZ vom 21.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: