Gefängnisleiter über Brigitte Mohnhaupt:"Sie ist keine Hardlinerin"

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Der 63-jährige Wolfgang Deuschl ist Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Aichach, in der Brigitte Mohnhaupt seit fast 24 Jahren einsitzt, hat sich über das einstige RAF-Mitglied sehr positiv geäußert. Sie sei "durchaus nicht unsympathisch". Aus der fanatischen Terroristin seiinzwischen "ein ruhiger, selbstbewusster und hilfsbereiter Mensch" geworden, der von den anderen Gefangenen auch anerkannt werde.

Ralf Husemann

SZ: Können Sie an Beispielen erläutern, was Sie zu Ihrer günstigen Einschätzung gebracht hat?

Gabriele Mohnhaupt auf einem undatierten Fahndungsbild (Foto: Foto: AP)

Deuschl: Ich stehe zu meinen Äußerungen, auch wenn sie etwas zerstückelt wiedergegeben wurden. Ich wurde gefragt, ob ich Frau Mohnhaupt sympathisch oder unsympathisch finde. Darauf sagte ich, ich könne nicht sagen, dass sie mir unsympathisch ist. Ich trete aber allen Gefangenen unvoreingenommen gegenüber, wobei es nicht darum geht, ob sie mir sympathisch sind oder nicht.

Ich bin seit 1976 hier in der Aichacher Justizvollzugsanstalt und kenne Brigitte Mohnhaupt, seit sie hierherkam. Ich könnte Ihnen durchaus Beispiele für ihre Hilfsbereitschaft gegenüber anderen Gefangenen nennen. Ich bitte aber um Verständnis, dass ich die Vertraulichkeit wahren muss, wenn es um Details geht. Auch das Personal hatte nie einen Anlass, sich über sie zu beklagen.

SZ: Sind Sie denn aus all diesen Gründen für die vorzeitige Entlassung von Frau Mohnhaupt?

Deuschl: Ich habe zwar selbst nicht dafür plädiert, aber der zuständige Senat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat ja schon vor einem Jahr nach einem Antrag der Bundesanwaltschaft darüber entschieden, dass die Dauer der Haft 24 Jahre betragen solle. Die wären jetzt im Frühjahr vorbei.

SZ: Frau Mohnhaupt ist zu "fünfmal lebenslänglich plus 15 Jahren" verurteilt worden. Sollte damit nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass in diesem Fall "lebenslänglich" auch wirklich eine lebenslange Strafe bedeuten soll?

Deuschl: Jeder, auch der Lebenslängliche, muss, wie auch das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen festgestellt hat, eine Chance bekommen. Und wenn sogar die Bundesanwaltschaft, die selber Ziel der RAF war, sagt, 24 Jahre sind genug, dann kann ich mich dem anschließen. Rechtliche Entscheidungen sind mir grundsätzlich sowieso lieber als Gnadenentscheidungen. Das ist hier ja aber auch der Fall. Wobei ich allerdings auch die Angehörigen der Opfer verstehe.

SZ: Da sind wir bei einem wichtigen Punkt. Sowohl die Witwe von Hanns-Martin Schleyer als auch die Gewerkschaft der Polizei verlangen, dass Brigitte Mohnhaupt Reue zeigt und sich für ihre Taten, immerhin unter anderem fünf Morde, entschuldigt.

Deuschl: Auch wenn sie unmittelbar dazu nichts sagt, kenne ich sie so gut, dass ich mir dennoch ein Urteil über sie zutraue. Schauen wir uns das Leben der RAF-Leute, nicht nur das von Frau Mohnhaupt, an: Straftaten schon in jungen Jahren, Haft, Entlassung, Untergrund, dann noch mal über 20 Jahre Haft, dann kann man nicht erwarten, dass die sagen: Alles was ich gemacht habe, war Mist. Bei einem solchen Fazit bleibt mir eigentlich nur noch der Strick.

SZ: Auch wenn sie vielleicht nicht ihr ganzes Leben verdammen muss, kann man aber doch verstehen, wenn etwa Frau Schleyer irgendein Wort des Bedauerns und des Schuldeingeständnisses hören möchte.

Deuschl: Frau Mohnhaupt hat sich mir gegenüber auch zu diesem Punkt geäußert und zwar in einer Weise, die ich akzeptieren kann. Ich darf aber nur sagen, dass es falsch ist, wenn behauptet wird, dass sie sich 1992 von der Erklärung der RAF distanziert habe, in der diese erklärt hatte, in Zukunft keine Mordtaten mehr zu begehen. Sie ist keinesfalls eine Hardlinerin und vertritt auch schon längst nicht mehr ihre früheren Überzeugungen.

© SZ vom 24.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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