G-20-Krawalle:5000 Verdächtige, 2000 Verfahren

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Die Soko "Schwarzer Block" soll die G-20-Krawalle aufarbeiten, 180 Beamte durchforsten Hinweise. Der Aufwand sei einmalig, glaubt der Soko-Chef. Am Mittwoch durchsuchten 100 Polizisten mehrere Wohnungen.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Bald drei Monate liegt der chaotische G-20-Gipfel in Hamburg nun zurück, die juristische Aufarbeitung geht in die nächste Runde. Acht Angeklagte wurden bereits verurteilt, alle von ihnen zu Haftstrafen, die allerdings in sechs Fällen zur Bewährung ausgesetzt sind. 23 Beschuldigte sitzen in Untersuchungshaft, im Rahmen der Krawalle Anfang Juli wurden 52 Haftbefehle verhängt. Alles in allem gelten den Fahndern 5000 Verdächtige als mutmaßliche Täter, wie die Hamburger Polizei am Mittwoch bekannt gab.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen mehrere bekannte linke Aktivisten. Unter ihnen sind Andreas Beuth und Andreas Blechschmidt, der Anwalt und der Sprecher des autonomen Zentrums "Rote Flora" im Hamburger Schanzenviertel, sowie Emily Laquer von den Interventionistischen Linken. Es geht um den Verdacht des schweren Landfriedensbruchs. Bislang sind im Zusammenhang mit G 20 mehr als 2000 Ermittlungsverfahren anhängig, Polizeipräsident Ralf Martin Meyer rechnet am Ende mit deren 3000.

Zur Aufarbeitung wurde die "Soko Schwarzer Block" gegründet, 180 Beamte durchforsten dort ein Sammelsurium an Hinweisen, Fotos, Videos. Der Aufwand sei "einmalig in der deutschen Kriminalgeschichte", glaubt deren Leiter Jan Hieber. Am Mittwoch durchsuchten 100 Polizisten mehrere Wohnungen in der Hansestadt und Schleswig-Holstein, fanden dabei aber offenbar nur einige mutmaßlich gestohlene Smartphones sowie eher beiläufig verbotene Rauschmittel und Waffen. Die Großrazzia galt vor allem der Suche nach Hehlerware, während der Randale im Rahmen des Spitzentreffens der wichtigsten Weltpolitiker waren auch Läden geplündert worden. Außerdem wurden Geschäfte und Fassaden zerstört und Autos angezündet. Der Sachschaden beträgt laut Hieber mindestens sechs Millionen Euro.

Diverse Ermittlungen richten sich allerdings auch gegen die Polizei, mehrheitlich wegen des Vorwurfs der Körperverletzung gegen Demonstranten. Die Strategie von Einsatzleiter Hartmut Dudde geriet schon deshalb in die Kritik, weil 31 000 Polizisten nicht in der Lage waren, die Proteste und Ausschreitungen um G 20 zu kontrollieren. Meyer räumt Fehler ein und will "Vertrauen wieder herstellen". Der Sonderausschuss zu G 20 in der Bürgerschaft indes begann holprig und wird von CDU und Linken stark kritisiert.

© SZ vom 28.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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