Fremdenfeindlichkeit:Gewalt gegen Asylbewerber nimmt drastisch zu

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2014 registrierte der Verfassungsschutz 990 rechtsextreme Attacken - ein Anstieg um fast 24 Prozent. Auch die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte haben dramatisch zugenommen.

Von Stefan Braun, Berlin

Rechtsextreme und fremdenfeindliche Gewalttaten nehmen derzeit in Deutschland dramatisch zu. Nach Erkenntnissen des Bundesverfassungsschutzes ist die rechtsextreme Szene mit gut 21 000 Personen zuletzt zwar nicht mehr gewachsen. Aber die Bereitschaft zur Gewalt steigt rasant. So nahmen die rechtsextrem motivierten Gewalttaten im vergangenen Jahr um fast 24 Prozent auf 990 Attacken zu. Noch eklatanter zeigen sich Gewaltbereitschaft und Fremdenfeindlichkeit an den Angriffen auf Asylbewerberunterkünfte wie zuletzt in Meißen. 2013 waren es 55 Angriffe gegen entsprechende Einrichtungen, ein Jahr später schon 170. Und in der ersten Hälfte dieses Jahres sind es laut Verfassungsschutz bereits 150 gewesen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) beklagte, dass die Angriffe ein Klima der Angst und Einschüchterung erzeugten. "Dagegen müsse wir klare Kante zeigen", sagte der CDU-Politiker. Hass und Gewalt gegen Flüchtlinge und Asylbewerber seien beschämend. "Hier darf es kein stilles Verständnis und erst recht kein stilles Einverständnis geben", so der Minister. Jeder Angriff sei ein Angriff auf die ganze Gesellschaft. "Alle Asylbewerber haben einen Anspruch auf ein sicheres Leben in Deutschland." De Maizière kündigte ein entschlossenes Auftreten der Politik und der Sicherheitsbehörden an, betonte aber zugleich, dass man der Bedrohung ohne die Mithilfe der ganzen Gesellschaft kaum Herr werde. Angesichts des massiven Anstiegs der Flüchtlings- und Asylbewerberzahlen gebe es auch berechtigte Fragen an die Regierenden, so unter anderem, warum abgelehnte Asylbewerber oft nicht zurückgeschickt würden. Doch auch wenn sich Politiker diesen Fragen aus der Bevölkerung stellen müssten, gebe dies niemandem das Recht, Flüchtlinge und Asylbewerber zu bedrohen oder andere, die das tun, stillschweigend zu unterstützen.

De Maizière hob hervor, dass sich als Reaktion auf den Anstieg der Flüchtlingszahlen zwei Entwicklungen zeigten: auf der einen Seite eine riesige Aufnahmebereitschaft, also eine "wunderbare Fremdenfreundlichkeit". Gleichzeitig wachse bei einem kleinen Teil massiv die Ablehnung. Für die Gesellschaft sei das inakzeptabel.

Eine große Bedrohung bleibt laut Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen auch der islamistische Terrorismus. Die linksextreme Gewalt stagniere dagegen, allerdings auf einem ähnlich hohen Niveau wie beim Rechtsextremismus. Maaßen warnte, dass Links- und Rechtsextremisten verstärkt versuchen würden, bürgerliche Proteste für ihre Zwecke zu nutzen.

© SZ vom 01.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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