Freiwilliges Engagement:31 Millionen helfen ehrenamtlich

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Die Zahl der Bürger, die sich für andere engagieren, steigt um zehn Prozent im Vergleich zu den vergangenen 15 Jahren. Wer Arbeit hat, gesund ist und auf dem Land lebt, ist nach Feierabend hilfsbereiter.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Wer Arbeit hat, gesund ist und auf dem Land lebt, engagiert sich nach Feierabend im Schnitt öfter ehrenamtlich als jemand aus der Stadt, der viel freie Zeit hat, aber keinen Job oder Kummer. Das ergab der Freiwilligensurvey, der am Donnerstag im Bundesfamilienministerium präsentiert wurde. Für die umfangreiche Studie, die alle fünf Jahre erstellt wird, wurden 28 690 Personen am Telefon dazu befragt, ob sie im Förderverein der Schule helfen, im Senioren- oder Flüchtlingsheim. "Die Ergebnisse sind ausgesprochen erfreulich", sagte Familienstaatssekretär Ralf Kleindiek. 31 Millionen Menschen setzten sich in Deutschland für gemeinnützige Zwecke ein. "Das ist im Vergleich zu den vergangenen 15 Jahren eine Steigerung von zehn Prozentpunkten."

Am liebsten setzen sich die Deutschen für Sport ein

Nach der Erhebung, die auf Daten von 2014 beruht, engagierten sich 43,6 Prozent der Befragten ab 14 Jahren für gute Zwecke und ohne Bezahlung. Im Westen Deutschlands packten 45 Prozent freiwillig an, im Osten gut 39 Prozent. Männer halfen früher deutlich öfter freiwillig als Frauen, jetzt nähern die Werte sich an: 41,5 Prozent weiblichen Ehrenamtlern standen 45,7 Prozent männliche gegenüber. Junge Leute zwischen 14 und 29 Jahren setzen sich am häufigsten fürs Gemeinwesen ein, Menschen über 65 am seltensten.

Am liebsten engagierten die Deutschen sich für Sport, es folgten Kindergarten und Schule, dann Kultur und Musik. Das Engagement ist laut Studie in allen Bevölkerungsgruppen gewachsen. Allerdings werden auch die Unterschiede bei der Bildung der Ehrenamtler größer. 52,3 Prozent waren Menschen mit hoher Bildung, nur 28,3 hatten wenig Bildung. Etwa jeder Dritte hat noch nie ehrenamtlich geholfen. Bei Menschen aus Einwandererfamilien wuchs die Einsatzbereitschaft auf 43,2 Prozent. Bei Menschen der ersten Einwanderergeneration ohne deutschen Pass, also solchen mit eigener Migrationserfahrung und oft geringeren Sprachkenntnissen, gab es unter den Befragten nur 21,6 Prozent Freiwillige. Besonders niedrig war das Engagement auch bei Arbeitslosen, Personen mit wenig Geld oder einer Krankheit.

Je höher die Zufriedenheit und das Einkommen, desto höher auch der Einsatz für den guten Zweck, lautet eine Faustregel. Umgekehrt fühlen Menschen mit viel freier Zeit, aber persönlichen Problemen sich seltener berufen, anderen zu helfen. "Der Übergang in die Erwerbslosigkeit ist ein Stigma. Es trägt zur Lähmung der Person bei", sagte Clemens Tesch-Römer, der Leiter des Deutschen Zentrums für Altersforschung, das den Freiwilligensurvey erstellte. Immer weniger Engagement sei bei der Übernahme von Leitungsfunktionen im Ehrenamt zu verzeichnen. Hier müssten die Bedingungen attraktiver gestaltet werden. Ein "besonderes Anliegen", so Familienstaatssekretär Kleindiek, sei es auch, Jugendliche aus Familien zu aktivieren, deren Eltern sich nicht für Ehrenämter interessieren. Engagement werde oft in der Familie vorgelebt - oder eben nicht. "Diese Kontinuität wollen wir durchbrechen."

© SZ vom 15.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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