Freihandel:Belgien stoppt Ceta-Abkommen

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Aus Sorge vor geringen Sozial- und Umweltstandards lässt die Wallonie den Handelspakt mit Kanada vorerst scheitern. Brüssel ist jedoch zuversichtlich, die Kritiker noch in den nächsten Tagen umstimmen zu können.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Nach siebenjährigen Verhandlungen ist Ceta, das weitreichende Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada, offenbar vorerst gescheitert. Die ursprünglich für diesen Donnerstag im Rahmen eines EU-Kanada-Gipfels geplante Unterzeichnung droht wegen der fehlenden Zustimmung Belgiens zu platzen. EU-Ratspräsident Donald Tusk und der kanadische Premier Justin Trudeau äußerten die Hoffnung, dass der Gipfel noch gerettet werden kann. "Es ist noch Zeit", schrieb Tusk nach einem Telefonat mit Trudeau am Abend im Kurznachrichtendienst Twitter. Ein Scheitern würde die Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der EU in einer ihrer zentralen Zuständigkeiten, der Handelspolitik, infrage stellen.

Die EU-Kommission und Kanada hätten für Montag eine klare Antwort gefordert, ob die Wallonie ihren Widerstand gegen den Pakt aufgeben wolle, hatte zuvor der belgische Regierungschef Charles Michel nach einem Treffen mit Vertretern der belgischen Regionalregierungen in Brüssel gesagt. "Und die klare Antwort zum jetzigen Zeitpunkt ist: Nein." Erfolglos hatten EU-Kommission und belgische Regierung versucht, die Wallonie doch noch zum Einlenken zu bewegen. Ceta bedarf der Zustimmung aller 28 EU-Staaten. Wegen der föderalen Besonderheiten des Landes ist in Belgien dafür die Genehmigung aller Landesteile Voraussetzung.

Das Regionalparlament der Wallonie stört sich an der im Abkommen vorgesehenen Schiedsgerichtsbarkeit. Außerdem verlangt es Zusagen, dass Umwelt- und Sozialstandards nicht gesenkt werden. Entsprechende Zusagen wurden zwar gemacht, aber aus Sicht der Wallonie nicht ausreichend rechtsverbindlich.

"Dass nun ausgerechnet Belgien das Abkommen lahmlegt, wo dieses Land wie kein anderes von den EU-Institutionen profitiert, macht sprachlos", sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Herbert Reul, der Süddeutschen Zeitung. Er kritisierte allerdings auch die EU-Kommission. "Es zeigt sich, dass es ein Fehler war, Ceta handstreichartig zum gemischten Abkommen zu erklären, und damit von der Zustimmung von Regionalparlamenten abhängig zu machen", sagte er. Die EU-Kommission hatte Ceta ursprünglich als reines EU-Abkommen eingestuft, das nicht der Zustimmung aller nationalen Parlamente bedurft hätte. Auf Druck aus einigen EU-Staaten, auch aus Deutschland, hatte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker diese Position aufgegeben.

Auch aus Sicht der EU-Kommission ist Ceta allerdings nicht tot. Junckers Sprecher betonte, dass man sich weiter um die Unterzeichnung bemühen werde. "Die Kommission neigt nicht dazu, mit Ultimaten oder Stichtagen zu arbeiten", sagte er. Es sei nun die belgische Politik am Zug, sagte der Sprecher. Das Ziel der Kommission bleibt es, das Abkommen Anfang des Jahres in Kraft treten zu lassen.

Der wallonische Parlamentspräsident, André Antoine, sagte, er sehe nicht, wie die Region kurzfristig Ja zu dem Abkommen sagen könne. "Eine vernünftige Zielmarke wäre Ende des Jahres. Bis dahin könnten wir es schaffen", sagte er.

© SZ vom 25.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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