Frankreich:Solidarität mit Christen

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Ein starkes Zeichen setzen nach dem Überfall auf eine Kirche in der Normandie: Der Dachverband der französischen Muslime CFCM will, dass Moschee-Vertreter und Gläubige am Sonntag christliche Gottesdienste besuchen.

Von Stefan Ulrich, München

Die französischen Muslime wollen ein starkes Zeichen gegen Fanatismus und den Terror des sogenannten Islamischen Staats setzen. Der islamische Dachverband CFCM rief jetzt alle Moschee-Verantwortlichen, Imame und muslimischen Gläubigen auf, am Sonntag die christlichen Gottesdienste in den Kirchen zu besuchen. Damit sollten sie "unseren Brüdern die Solidarität und das Mitgefühl der Muslime ausdrücken". Der Respekt vor anderen Religionen und deren Gläubigen spiele im Islam eine große Rolle. Der CFCM zitierte den Propheten Mohammed mit den Worten: "Wer einem Juden oder einem Christen ungerecht Böses zufügt, wird mich am Tag des Jüngsten Gerichts zu seinem Gegner haben."

Der Überfall zweier mutmaßlicher Anhänger des Islamischen Staats am Dienstag auf einen Gottesdienst in der Normandie, bei dem ein Pfarrer ermordet und ein Kirchgänger schwer verletzt wurde, hat Frankreich erschüttert. Seither riefen etliche Vertreter verschiedener Religionsgruppen zum gemeinsamen Kampf der Gläubigen gegen den Terror auf. In der Stadt Saint-Étienne-du-Rouvray, in der es zu dem Verbrechen kam, besuchten Muslime am Freitag eine katholische Kirche, während Christen in die Moschee kamen. Der katholische Priester Auguste Moanda sagte in der Moschee, die Brüderlichkeit zwischen Gläubigen beider Religionen müsse fortbestehen. "Ihr teilt unseren Schmerz."

Der Premierminister will nicht, dass Muslime zu Sündenböcken gemacht werden

Nach dem Anschlag wird in Frankreich intensiv diskutiert, wie dem Einfluss von Hasspredigern auf Muslime des Landes begegnet werden kann. Premierminister Manuel Valls forderte in der Zeitung Le Monde, es für bestimmte Zeit zu verbieten, dass Moscheebauten aus dem Ausland finanziert werden. Imame sollten in Frankreich selbst ausgebildet werden. "Der Salafismus hat in Frankreich keinen Platz." Zugleich betonte Valls, Muslime dürften nicht zu Sündenböcken gemacht werden.

In Frankreich leben schätzungsweise fünf Millionen Muslime. Die meisten sind Sunniten. Ihnen stehen ungefähr 2500 Moscheen zur Verfügung. Im Jahr 2003 wurde der CFCM gegründet, um einen "Islam Frankreichs" zu repräsentieren, so wie die katholische Bischofskonferenz für die Katholiken steht. Seither wird immer wieder kritisiert, der Einfluss des CFCM sei schwach. Kritiker fordern Reformen, durch die die Moscheen unabhängiger von ausländischen Geldgebern werden.

© SZ vom 30.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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