Frankreich:Sarkozys Flop-Feuerwerk

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Ungemach an allen Ecken: Missgeschicke seiner Minister stürzen Frankreichs Präsidenten Sarkozy in ein neues Umfragetief.

Michael Kläsgen, Paris

Der Papst hatte Frankreich am vergangenen Montag noch seinen Segen erteilt. Doch die sieben Tage, die danach folgten, fassten die Medien schließlich als "Woche der Katastrophen" zusammen, und damit meinten sie keineswegs die Geschehnisse an der Wall Street.

(Foto: Foto: Reuters)

Nicolas Sarkozy hatte sich gezwungen gesehen, groß angekündigte Reformen wieder einzustampfen; recht kleinlaut tat er das, zumindest nach außen hin. Intern aber tobte er.

Eingeweihte sprachen von einem "Massaker", das der Präsident - natürlich nur verbal - an Ministern verübte, die ihn in ein neues Umfragetief stürzten. Seinen Umweltminister soll er als "Amateur" beschimpft haben und seine Innenministerin, Michèle Alliot-Marie, als "Vollidiotin". Sie stecke nicht tief genug in den Themen, zürnte der Präsident über sie.

Ministerin zurückgepfiffen

Die Dame ist verantwortlich für den Flop der sogenannten Big-Brother-Datei. Unter Mithilfe des Geheimdienstes sollte diese ursprünglich dazu dienen, theoretisch alle Franzosen vom 13. Lebensjahr an in einer elektronischen Kartei zu erfassen, und zwar samt ihrer sexuellen Vorlieben und Krankheiten. Nach lautstarkem Protest musste Sarkozy seine Ministerin jedoch zurückpfeifen und die Pläne vom gläsernen Franzosen begraben. Jetzt sollen nur noch Personen, die als Bedrohung für die öffentliche Ordnung gelten, in der Datei mit dem netten Kürzel Edvige landen.

Kaum hatte Sarkozy den Streit über Edvige erstickt, schwoll die "interministerielle Kakophonie" ( Le Parisien) über die Picknicksteuer an. Die hatte sich Umweltminister Jean-Louis Borloo ausgedacht. Er wollte umweltschädliche Produkte höher besteuern und mit dem Geld umweltfreundliche Waren subventionieren. Deswegen nannte er die Idee "Bonus-Malus".

An die 20 Produkte, von Plastiktellern bis hin zu Waschmitteln, sollen auf einer inoffiziellen Liste gestanden haben. Die hatte zwar kaum einer zu Gesicht bekommen, dafür wurde aber umso heftiger über sie gestritten, am Ende fast nur noch unter dem Motto: "Steuererhöhung mit grünem Deckmäntelchen". Sarkozy kochte. "Was Bonus-Malus war, ist zur Steuer geworden", soll er gesagt haben, bevor er die Kommunikationspolitik von Borloo geißelte.

Ungemach an allen Ecken

Den hatte zwar zuvor schon Premier François Fillon öffentlich abgewatscht. Doch auch das missfiel dem Präsidenten. Zu "ungeschickt und übertrieben", befand er. Dabei hatte Fillon nichts anderes gesagt als Sarkozy, nämlich dass es vorerst keine Ausweitung des Bonus-Malus-Systems gebe, das seit Anfang des Jahres zum Leidwesen der deutsche Autoindustrie für Pkws in Frankreich gilt. Ungemach also an allen Ecken für Sarkozy, zumindest innenpolitisch.

Seit dem Ende der Sommerpause scheint der Präsident weder seine Minister noch die Abgeordneten seiner Partei im Griff zu haben. Nur über die Wahl am Sonntag zum Senat brauchte er sich keine Gedanken zu machen. Zum einen war es nur eine Teilwahl, ein Drittel der Senatoren wurde ersetzt. Zum anderen wählte nicht das Volk, sondern es wählten 50 000 Mandatsträger.

Vor allem aber wegen des Zuschnitts der Wahlkreise durfte sich das rechte Lager der Mehrheit sicher sein. Beruhigt konnte Sarkozy wenigstens dieses innenpolitische Ereignis aus der Ferne auf einem Privattrip mit seiner Frau Carla in New York beobachten. Dort erwarten ihn an diesem Montag internationale Ehrungen. Das tut ihm nach einer anstrengenden Woche sicher gut.

© SZ vom 22.9.2008/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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