Frankreich:Rückzieher beim Sicherheitsgesetz

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Emmanuel Macron schickt die Parlamentarierer vor: Der Fraktionsvorsitzende der Präsidentenpartei La République en Marche, Christophe Castaner, verkündet zusammen mit den Koalitionspartnern, dass der umstrittene Artikel 24 des geplanten Sicherheitsgesetzes "komplett umgeschrieben" wird. (Foto: Anne-Christine Poujoulat/AFP)

Das Verbot, Polizeieinsätze zu filmen, hat zu Massenprotesten geführt - und zu einer Krisensitzung der Regierung.

Die Regierungsmehrheit in Frankreich will den umstrittenen Artikel des Sicherheitsgesetzes neu formulieren, der das Filmen von Polizeieinsätzen einschränkt. "Wir werden eine vollständige Neufassung von Artikel 24 vorschlagen", sagte Christophe Castaner, Fraktionsvorsitzender der Präsidentenpartei La République en Marche (LREM) in der Nationalversammlung, am Montag. Man nehme das Unverständnis der Öffentlichkeit und der Journalisten bezüglich des Textes zur Kenntnis, sagte der Ex-Innenminister. Man wisse, dass noch immer Zweifel bestehen. Es war aber nicht die Rede davon, die umstrittene Regelung auszusetzen oder komplett zurückzuziehen.

Die Minister sollen einen Ausweg finden, verlangte der aufgebrachte Präsident

Seit Wochen gibt es heftige Kritik an Artikel 24 des geplanten "globalen Sicherheitsgesetzes", das der Regierung zufolge die Polizei schützen soll. Sollte das neue Gesetz beschlossen werden, kann die Veröffentlichung von Bildern von Sicherheitsbeamten im Einsatz, die das Ziel verfolgen, die körperliche oder seelische Unversehrtheit der Polizistinnen oder Polizisten zu verletzen, mit bis zu einem Jahr Gefängnis und einer Geldstrafe von 45 000 Euro geahndet werden. Die Nationalversammlung hatte dem Text in der vergangenen Woche eigentlich bereits zugestimmt. Jetzt ist der Senat, das Oberhaus, am Zug.

Die Proteste gegen Polizeigewalt und das Sicherheitsgesetz hatten Krisensitzungen der Staatsspitze ausgelöst. Präsident Emmanuel Macron empfing am Montag nach übereinstimmenden Berichten Premierminister Jean Castex, den Innen- und Justizminister sowie Parlamentsvertreter im Élyséepalast, um einen Ausweg zu finden. Der Staatschef sei aufgebracht gewesen und habe seinen Ministern vorgehalten, ihn in eine Situation gebracht zu haben, die hätte vermieden werden können, wie der Figaro unter Berufung auf Teilnehmer des Treffens berichtete.

Angeheizt hat die Situation, dass zugleich brutale Einsätze von Beamten auf Video festgehalten wurden

Castex hatte vergangene Woche bereits angekündigt, dass eine unabhängige Kommission sich an die Neuformulierung machen sollte. Dagegen ging aber das Parlament auf die Barrikaden. Castex machte daraufhin einen Rückzieher. Am Wochenende gab es schließlich breiten Protest im ganzen Land gegen das Gesetzesvorhaben; allein in Paris gingen Zehntausende auf die Straßen.

Die Justiz leitete nach dem brutalen Polizeieinsatz gegen den Musikproduzenten Michel Zecler Ermittlungsverfahren gegen vier Polizisten ein. Zwei von ihnen kamen in Untersuchungshaft, zwei wurden unter Justizaufsicht gestellt. Sie hatten Zecler am 21. November brutal zusammenschlagen. Ein Video von dem Einsatz widerlegte die Angaben der Beamten und zeigte, wie sie in Zeclers Musikstudio eindrangen und ihn attackierten. Zecler sagt zudem, er sei mehrfach rassistisch beschimpft worden. Er ist schwarz.

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