Frankreich:Jean-Marie Le Pen macht der Tochter Konkurrenz

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Der kaltgestellte Front-National-Gründer will mit 86 Jahren nun eine "Bewegung" nach seinem Geschmack gründen.

Von Stefan Ulrich, München

Jean-Marie Le Pen, der einstige Gründer und Anführer der radikalen französischen Partei Front National, treibt den Kampf mit seiner Tochter Marine in die nächste Runde. Aus Protest gegen die heutige Parteichefin Marine Le Pen und deren Entourage kündigte er jetzt im Radio an, eine neue politische "Bewegung" zu gründen, um "die politische Linie wiederherzustellen, die jahrzehntelang verfolgt wurde". Die neue Organisation solle als "Fallschirm gegen die Katastrophe" dienen, auf die der Front National zusteuere. Zugleich sagte der 86-jährige Ex-Parteichef, seine neue Bewegung sei keine Partei und trete nicht in Konkurrenz zum Front. Noch vergangene Woche hatte er gesagt, er denke über eine Parteigründung nach.

Bei dem Streit geht es um Ideologie und persönliche Verletzungen. Als Marine Le Pen 2011 die Parteiführung übernahm, galt der Front National als rechtsextreme, isolierte Kraft. Seitdem versucht sie, der Partei den Ruf des Antisemitismus und offenen Rassismus zu nehmen und breitere Wählerkreise anzusprechen. Sie ließ einige besonders extreme Politiker aus der Partei werfen und distanzierte sich vom Antisemitismus des Vaters. Dieser fühlte sich an den Rand gedrängt und reagierte mit provokativen Interviews, wobei er sich zuletzt erneut antisemitisch äußerte. Daraufhin ließ seine Tochter vergangene Woche seine Parteimitgliedschaft aussetzen. Auch soll ihm bald die Ehrenpräsidentschaft entzogen werden.

Mit der neuen "Bewegung" versucht Jean-Marie Le Pen, seine verbliebenen Anhänger zu sammeln und wieder Einfluss auf die Parteilinie zu bekommen. Scheitert dies, könnte er eine Konkurrenzpartei gründen. Politischer Spielraum dafür wäre in Frankreich vorhanden. Es gibt etliche Gruppen, Zeitschriften und Blogs, die eine extrem nationalistische, reaktionäre, ultra-katholische Linie verfolgen und sich vom Front National unter Marine Le Pen nicht mehr richtig vertreten fühlen.

© SZ vom 13.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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