Frankreich:Im Auftrag des Präsidenten

Lesezeit: 2 min

Christophe Castaner, der neue Chef der Regierungspartei En Marche, steht vor der schwierigen Aufgabe, den "Macronismus" zu definieren.

Von Leo Klimm, Paris

Christophe Castaner will kein Chef sein, sondern Moderator. (Foto: Laurent Cipriani/AP)

Christophe Castaner hat die Rolle des loyalen Parteisoldaten schon voll verinnerlicht: Der Vorsitz von La République En Marche sei "kein Traum" von ihm gewesen - wohl aber sei die neue Aufgabe an der Spitze von Frankreichs Regierungspartei "eine Ehre und eine Verpflichtung", sagte Castaner vor den versammelten Delegierten. "Ich werde nicht der Chef sein, sondern ein Moderator."

Tatsächlich ist der wahre Chef von En Marche bei diesem ersten Parteitag, der am Wochenende in Lyon abgehalten wurde, nicht dabei. Emmanuel Macron ist schließlich seit Mai Staatspräsident und hält deshalb nach außen Distanz zu der Bewegung, die ihn zur Macht trug. Dennoch war es Macron, der seinen treuen Freund Castaner als einzigen Anwärter für die Parteiführung designiert hat - obwohl der lieber Regierungssprecher geblieben wäre. In Lyon bestätigen die 750 Delegierten diese Entscheidung in nicht geheimer Abstimmung mit 748 Stimmen, bei zwei Enthaltungen. Die übrigen Vorstandsposten gehen mit breiter Mehrheit an von Castaner unterstützte Kandidaten.

Das Ergebnis mag eindeutig sein. Trotzdem gibt es ein halbes Jahr nach Macrons Triumph und dem Sieg von En Marche bei der Parlamentswahl einiges zu klären und zu erklären: Die Formation, die als Anti-Partei zur hergebrachten Links-rechts-Spaltung des Landes 380 000 Mitglieder und eine Mehrheit der Wähler für sich gewann, ähnelt einerseits zunehmend den etablierten, von Kadern beherrschten Parteien Frankreichs. Castaner verspricht daher, er wolle bei En Marche rasch "die Seele wiederfinden". Andererseits soll er der Partei mit Blick auf die nächsten Wahlen Strukturen geben und "einen programmatischen Korpus ausarbeiten", wie er sagt. Und es kommt nicht von ungefähr, dass Macron es ihm am ehesten zutraut, diese Spannung aufzulösen: Der 51-jährige Südfranzose ist ein erfahrener Polit-Profi. 2016 zählte er zu den ersten sozialistischen Abgeordneten, die den Wechsel ins Macron-Lager wagten; außerdem gilt er als guter Kommunikator.

Nun soll er helfen, den "Macronismus" zu definieren. Die programmatische Verortung von En Marche ist diffus. Das hatte bei der Wahl Macrons Erfolg ermöglicht, ist nun in Regierungsverantwortung aber schwer durchzuhalten. In der Fraktion in der Nationalversammlung gab es zuletzt etwa wegen der Steuerpolitik Streitereien, die offenbarten, welch unterschiedliche Prägungen sich in der Partei wiederfinden. Macron selbst hatte sich im Wahlkampf als gemäßigter Linker präsentiert. Doch seine Politik wird jetzt in Umfragen als Mitte-rechts wahrgenommen.

Trotz der Zustimmung auf dem Parteitag sieht sich Castaner mit grundsätzlicher Kritik konfrontiert: Gut 100 En-Marche-Mitglieder waren zuvor ausgetreten, weil der Partei im Inneren die Demokratie fehle. Die Organisation sei "des Ancien Régimes würdig". Unter den Rebellen befinden sich keine Prominenten. Nach seiner Wahl sagte Castaner: "Alles, was verbessert werden muss, wird verbessert werden, auf demokratische Art." Doch Streit solle bitte nicht öffentlich ausgetragen werden.

Weniger einsichtig ist er bei einem anderen Kritikpunkt: Zwar gibt er das Amt des Regierungssprechers auf, was in den nächsten Tagen eine Kabinettsumbildung nötig macht. An seinem Posten als Staatssekretär für die Beziehungen zum Parlament hält er dagegen fest. Den Job, erklärt Castaner, müsse ihm Macron schon selbst nehmen.

© SZ vom 20.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: