Frankreich:Fragwürdiger Liebesbeweis

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Polizisten drücken einen Demonstranten in Paris zu Boden. Das neue Gesetz stellt das Filmen von Sicherheitskräften unter Strafe, wenn man ihnen dadurch "körperlich oder psychisch schaden" wolle. (Foto: PHILIPPE WOJAZER/REUTERS)

Ein neues Gesetz soll verhindern, dass Polizisten bei der Arbeit gefilmt werden. Opposition und Medien fürchten, so werde die Pressefreiheit eingeschränkt.

Von Nadia Pantel, Paris

Frankreichs Nationalversammlung hat am Dienstagabend in erster Lesung das neue Gesetz zur "globalen Sicherheit" angenommen. Als Nächstes wird das Gesetz dem, mehrheitlich konservativen, Senat vorgelegt. Über das Gesetz wird in Frankreich heftig gestritten, die Mehrheit der französischen Fernseh- und Radiosender, Nachrichtenagenturen und Zeitungen befürchten Eingriffe in die Pressefreiheit. Der Artikel 24 des Gesetzes soll es unter Strafe stellen, Polizisten bei der Arbeit zu filmen, wenn man ihnen damit "körperlich oder psychisch schaden" wolle.

Seit einer Woche demonstrieren Tausende in Paris und weiteren französischen Großstädten gegen das Gesetz. In der Nationalversammlung wurde der Gesetzestext von den konservativen Republikanern ebenso kritisiert wie von den linken Parteien. Philippe Bas, der für die Republikaner im Senat sitzt, sagte, es sei "unanwendbar und nicht verfassungskonform", einen Strafbestand einzuführen, der die Intention einer Tat ahnden soll.

Auch die EU-Kommission zeigt sich besorgt

Kritische Stimmen kamen auch aus Brüssel. Aus der EU-Kommission hieß es mit Blick auf das französische Gesetz zur "globalen Sicherheit", dass es "gerade in Krisenzeiten wichtig ist, dass Journalisten frei und in umfassender Sicherheit arbeiten können".

Die Debatte in der Nationalversammlung am Dienstagabend wurde durch eine Polizeiaktion in der Montagnacht angeheizt. Beamte hatten die Place de la République brutal geräumt, Bürger und Journalisten dokumentierten Fußtritte und Schlagstock-Einsätze. Geflüchtete hatten gemeinsam mit Hilfsorganisationen demonstriert, indem sie Zelte auf dem Platz aufstellten. In der vergangenen Woche war ein Zeltlager von Geflüchteten in der Pariser Banlieue geräumt worden. Die Polizei brachte 2000 Menschen in Notunterkünfte, doch weitere 1000 blieben nach der Räumung auf der Straße.

Die Demonstration sollte auf diesen Umstand aufmerksam machen. Videoaufnahmen der Räumung zeigen, wie ein am Boden liegender Journalist von Polizisten mit Schlagstöcken angegriffen wird. Innenminister Gérald Darmanin nannte die Bilder "schockierend". Der Abgeordnete Jean-Luc Mélenchon von der linken France Insoumise nutzte die Gelegenheit, dass diese Bilder nur existieren, weil die Polizei bei der Arbeit gefilmt wurde. Die IGPN, die Polizei der Polizei, hat nach der Eskalation auf der Place de la République Ermittlungen gegen zwei Polizisten aufgenommen.

Der Innenminister weist die Kritik zurück

Innenminister Gérald Darmanin wies die Kritik zurück, wonach das neue Gesetz es grundsätzlich erschweren würde, die Arbeit von Polizisten zu filmen. Weiter sagte Darmanin, dass er "diejenigen Polizisten verurteile, die nicht die Berufsethik respektieren". Gleichzeitig wolle er "der überwältigenden Mehrheit der Ordnungskräfte, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um uns zu schützen", seine "vollste Unterstützung" zusichern. Jean-Michel Fauvergue, Abgeordneter der Regierungspartei La République en Marche, nannte das Gesetz einen "Liebesbeweis" für die Beamten. Polizeigewerkschaften fordern seit Langem, dass Beamte nur dann bei der Arbeit gefilmt werden dürfen, wenn ihre Gesichter vor Veröffentlichung der Videos unkenntlich gemacht werden.

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