Fraktion:Buchhaltung ungenügend

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Die AfD im Bundestag hat ihre Finanzen nicht im Griff - zu diesem Ergebnis kommt ein selbst beauftragter Wirtschaftsprüfer. Die Partei will nun Konsequenzen ziehen.

Von S. Pittelkow, K. Riedel und J. Schneider, Berlin

Die Buchhaltung der AfD-Bundestagsfraktion hat erhebliche Mängel - zu dem Ergebnis kommt ein Prüfer, den die Partei selbst beauftragt hatte. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die AfD-Fraktion im Bundestag hat in ihrem ersten Jahr im Parlament ihre Finanzen offenbar nicht ordnungsgemäß geführt und muss erhebliche Defizite in ihrer Buchführung aufarbeiten. Für die Zeit vom Einzug in den Bundestag im Oktober 2017 bis zum September 2018 "bestehen erhebliche Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung der Fraktion". Zu diesem Fazit kommt ein Prüfbericht, den die Fraktionsspitze bei einem Wirtschaftsprüfer in Auftrag gegeben hat. Das Gutachten liegt WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung vor.

Der Wirtschaftsprüfer stellt unter anderem fest, dass in der AfD-Bundestagsfraktion "zahlreiche Mittelverwendungen nicht den Anforderungen des Abgeordnetengesetzes entsprechen". Als Gründe für die Mängel benennt er "fehlende interne Vorgaben" für die Rechnungslegung und das Fehlen eines "Kontrollsystems, das die Einhaltung der Vorgaben sicherstellt". Unklar ist, inwieweit Gelder falsch verwendet wurden.

Die Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland haben dem verantwortlichen leitenden Mitarbeiter der Fraktion, Frank Kral, jetzt fristlos gekündigt. Kral, der auch Schatzmeister der AfD in Baden-Württemberg ist, war bereits vor einigen Wochen beurlaubt worden, als die Unregelmäßigkeiten intern bekannt wurden. Er bestreitet die Vorwürfe und will gegen seine Entlassung klagen.

Die Fraktionsführung will das Problem dem Vernehmen nach gründlich aufarbeiten und die Finanzführung für die Zukunft ordnen lassen. Der Gutachter bemängelt, dass es "keinerlei Vorgaben seitens der Fraktion für die Verwendung der Fraktionsmittel gibt". Wie es heißt, besteht in der Fraktionsspitze große Sorge, dass der Bundesrechnungshof bei einer Prüfung die Mängel und damit einen unsauberen Umgang mit staatlichen Mitteln beanstanden könnte.

Im Sommer waren die Mängel in der Finanzverwaltung der AfD zunächst einer Mitarbeiterin der Fraktion aufgefallen. Es gab daraufhin interne Untersuchungen der Fraktionsspitze. In einem ersten Bericht nach einer externen Prüfung durch einen Unternehmensberater war danach unter anderem vom Verdacht auf "Vettern- und Günstlingswirtschaft" die Rede. Nun moniert der Wirtschaftsprüfer der Treuhandgesellschaft Hamburg-Süd in seinem Bericht zum Beispiel, dass bei manchen Anträgen auf Kostenübernahme der Antragsteller die Genehmigung selbst erteilt habe.

Als gravierend wird intern eingeschätzt, dass eine Verwendung von Fraktionsmitteln für parteipolitische Zwecke "im Einzelfall oft abschließend nicht zu beurteilen" sei. Dabei verlangt das Abgeordnetengesetz hier eine klare Trennung. Die vom Staat für die Fraktionsarbeit zur Verfügung gestellten Mittel dürfen nicht für die Partei genutzt werden.

Das Gesetz verlangt eine klare Trennung der Geldmittel von Fraktion und Partei

Bisher gibt es bei der AfD-Fraktion für ihren 16 Millionen Euro hohen Jahresetat dem Bericht zufolge keine hinreichende Finanzordnung. Eine solche Finanzordnung solle "zeitnah" erstellt werden, um klar abgegrenzte Kompetenzen zu vergeben und "wirksame Kontrollen zu implementieren", empfiehlt der Prüfer. Er mahnt in seinem Fazit an, dass diese Finanzordnung von allen Beteiligten als verbindlich anzuerkennen sei, "um ein positives Bewusstsein für die einzuhaltenden Regelungen zu erzeugen".

Die Affäre um ihre Finanzen hat innerhalb der AfD-Bundestagsfraktion in den vergangenen Wochen massive Unruhe ausgelöst. Teile der Fraktion kritisierten die Bemühungen der Fraktionsspitze um Aufklärung als überzogen. Frank Kral, der verantwortliche Projektleiter für den Fraktionsaufbau, erklärte nun zu den Vorgängen: "Ich weise alle gegen mich erhobenen falschen Behauptungen zurück. Ich habe diese intern widerlegt, was aber nach meiner Kenntnis bisher in den Gesprächen nicht gewürdigt wurde. Man versucht mich für Versagen an anderer Stelle hinzustellen."

Die Fraktionsführung antwortet auf Fragen nach ihrer Verantwortung in der Affäre ausweichend. Der mit der Angelegenheit betraute Fraktionsvize Roland Hartwig erklärte am Dienstag auf Anfrage: "Belegt durch zwei externe Gutachten hat der Vorstand zur Kenntnis nehmen müssen, dass die bisherige Rechnungslegung der Fraktion trotz gegenteiliger Vorgaben nicht in vollem Umfang den Anforderungen entsprach. Dies wird unverzüglich geändert. Um eine Wiederholung ausschließen zu können, werden weitere strukturelle und personelle Maßnahmen folgen."

© SZ vom 31.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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