Föderalismuskommission:Einigung auf Schuldenbremse

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Durchbruch in Berlin: Nach der Grundsatzeinigung zur Begrenzung von Staatsschulden haben sich Bund und Länder nun auch auf Reformdetails verständigt.

C. Hulverscheidt

Bund und Länder haben sich auf eine Verfassungsänderung zur Einführung strengerer staatlicher Schuldenregeln verständigt.

Die Vorsitzenden der Föderalismuskommission, Oettinger (l.) und Struck können sich über eine Einigung auf Reformdetails freuen. (Foto: Foto: AP)

Nach einer fünfstündigen Sitzung der Föderalismuskommission hieß es am Donnerstagabend, die Neuformulierung der entsprechenden Grundgesetzartikel sei abgeschlossen. Tatsächlich steht eine endgültige Einigung aber immer noch aus: So will etwa die FDP, auf die es im Bundesrat ankommen wird, nur dann zustimmen, wenn die nötigen Gesetzestexte im Wortlaut vorliegen und klargestellt ist, dass die Schuldenregel nicht umgangen werden kann. Darüber soll nun bei einer weiteren Kommissionssitzung am 5. März befunden werden.

Laut Vereinbarung dürfen die Länder von 2020 an in konjunkturell normalen Zeiten keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Die Nettokreditaufnahme des Bundes wird ab 2016 auf 0,35 Prozent der Wirtschaftskraft Deutschlands begrenzt. Derzeit entspräche das einer Summe von knapp neun Milliarden Euro.

Für den Fall einer Naturkatastrophe oder für vergleichbare "Notsituationen" soll es allerdings Ausnahmen geben. Diese sollen in den noch auszuarbeitenden Begleitgesetzen definiert werden. FDP und Union, aber auch Teile der SPD wollen nach eigenem Bekunden in den Detailverhandlungen darauf achten, dass die Ausnahmeregelungen möglichst klar gefasst werden und nicht zum Missbrauch einladen.

Grund für das Misstrauen sind die Erfahrungen mit der bisherigen Schuldenregel im Grundgesetz. Sie begrenzt die jährliche Nettokreditaufnahme etwa des Bundes auf die Höhe der gleichzeitig getätigten Investitionen. Ist die Regierung allerdings der Auffassung, dass eine "Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" droht, kann sie Schulden in unbegrenzter Höhe aufnehmen.

Das führte in den vergangenen Jahrzehnten dazu, dass fast alle Bundesregierungen immer dann, wenn sie mit dem Geld nicht auskamen, eine solche Störung ausriefen. Auch künftig soll der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder - also üblicherweise mit den Stimmen der Regierungsfraktionen - feststellen können, dass eine "Notsituation" vorliegt. Die Bemühungen von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), der FDP und von Teilen der Union, die Inanspruchnahme der Ausnahmeregel an eine Zwei-Drittel-Mehrheit zu knüpfen, scheiterten.

Die fünf Bundesländer, die nach Meinung der Kommission bis 2020 aus eigener Kraft keine ausgeglichenen Haushalt erreichen können, sollen von 2011 bis 2019 Finanzhilfen von jährlich insgesamt 800 Millionen Euro erhalten. Davon entfallen 300 Millionen Euro auf Bremen, 260 Millionen Euro auf das Saarland sowie je 80 Millionen Euro auf Berlin, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt.

Als einziger Ländervertreter stimmte der mecklenburg-vorpommersche Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) gegen diese Regelung. Er wollte alle neuen Bundesländer aus dem Hilfsmechanismus ausklammern, um selbst nicht zahlen zu müssen. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) kündigte an, seine Regierung und das Land Bremen würden ihre Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht wegen angeblich zu geringer Bundeshilfen zurückziehen, wenn alle jetzt vereinbarten Gesetze und Staatsverträge in Kraft seien.

Die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission, SPD-Fraktionschef Peter Struck und der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), bezeichneten die Vereinbarungen als Erfolg. Oettinger erklärte, die neuen Schuldenregeln seien deutlich strenger als die geltenden. Beide Politiker hatten sich seit Dezember 2006 um eine zweite Föderalismusreform bemüht. Viele Pläne etwa für klarere Zuständigkeiten von Bund und Ländern in Steuerfragen scheiterten jedoch schnell. Die Einigung auf die Schuldenbremse ist damit das einzige nennenswerte Ergebnis der mehr als zweijährigen Arbeit.

© SZ vom 13.02.09/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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