Flüchtlingspolitik:Humanitäre Ausnahmen

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Mit dem Bayernplan in die Bundestagswahl: Horst Seehofer. (Foto: Michaela Rehle/Reuters)

Horst Seehofer erläutert, dass die Obergrenze für Flüchtlinge auch flexibel sein kann. In Ausnahmefällen sollen also auch mehr als 200 000 Personen pro Jahr einreisen dürfen.

CSU-Chef Horst Seehofer hält an einer Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen im Jahr fest, lässt aber Bereitschaft erkennen, die Zahl in humanitären Ausnahmefällen nach oben anzupassen. Mit Blick auf den jugoslawischen Bürgerkrieg in den Neunzigerjahren sagte Seehofer am Samstag bei einer Parteiveranstaltung: Auch damals habe die Bundesregierung ein fixes Kontingent für die Aufnahme von schutzbedürftigen Flüchtlingen festgelegt. "Und wenn sich die Entwicklung verschärft hat, haben wir entschieden, wir erhöhen es noch mal um ein paar Tausend." Seehofer nannte dies als Beispiel für "vernünftige Politik - gegenüber einem nicht mehr gesteuerten und unkontrollierten Zuzug". Die CSU sei nicht gegen die Zuwanderung. "Wir sind für Ordnung und Steuerung. Und wir sind vor allem dafür, dass wir wissen, wer zu uns ins Land kommt."

Er werde "nicht lockerlassen", dass die Begrenzung der jährlichen Zuwanderung die Voraussetzung für das Gelingen der Integration sei, kündigte der CSU-Chef an. Ob das Instrument Obergrenze heiße oder anders, sei dabei nicht entscheidend. Wichtig sei ein klares Regelwerk. Seehofer zeigte sich überzeugt, die von ihm geforderte Obergrenze gegen den Willen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Koalitionsvertrag zu verankern. "Das lasst mal meine Sorge sein", sagte er zu Parteifreunden. "Der günstigste Zeitpunkt, um eine politische Überzeugung durchzusetzen, ist der Zeitpunkt zwischen der Bundestagswahl und der Kanzlerwahl." Im ZDF-Sommerinterview am Sonntag betonte er: Merkel und er hätten noch immer für alles eine Lösung gefunden.

Mehr Einsatz fordert Seehofer bei der Bekämpfung von Fluchtursachen. "Es ist allemal christlicher, dort zu helfen, wo die Menschen heute leben." Die Erfahrung zeige: Wer einmal nach Deutschland gekommen sei, bei dem tendiere die Chance, ihn in seine Heimat zurückzuführen, "gegen null". Das habe auch das Beispiel des mutmaßlichen Messerstechers von Hamburg bewiesen: "In einem Fall geht man vors Gericht, im nächsten Fall fehlen die Papiere, im dritten Fall sagt das Herkunftsland, den nehmen wir nicht zurück." Daher müsse bereits an den EU-Außengrenzen entschieden werden, wer schutzbedürftig sei. Man müsse Ländern wie Italien oder Griechenland aber auch helfen, die Aufgaben zu bewältigen. Die bislang ungleichmäßige Verteilung von Flüchtlingen in der EU nannte Seehofer ein "Jammerspiel".

© SZ vom 31.07.2017 / Wolfgang Wittl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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