Flüchtlinge:Kirchenasyl als letztes Mittel

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Die katholischen Bischöfe mahnen ihre Gemeinden zu sensiblen Umgang. Nicht jede Notlage rechtfertige zivilen Ungehorsam.

Von Matthias Drobinski, München

Die katholischen Bischöfe in Deutschland stehen nach wie vor zum Kirchenasyl, allerdings mahnen sie einen vorsichtigen Umgang mit dem Instrument an. Die Gemeinden sollten Flüchtlinge nur als letztes Mittel aufnehmen und so vor einer Abschiebung schützen, heißt es in einer Handreichung der Bischofskonferenz. Dort heißt es, dass diese Hilfe "in ihrer heutigen Ausgestaltung keinerlei Sonderrecht gegenüber dem Staat beansprucht". Das Kirchenasyl schaffe vielmehr die Möglichkeit, mit den "zuständigen staatlichen Stellen in Dialog zu treten die rechtliche Lage noch einmal genau zu prüfen", sagte der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle bei der Vorstellung der Broschüre in Bonn. Trelle ist Vorsitzender der Migrationskommission der Bischofskonferenz.

Über das Kirchenasyl hatten Innenminister Thomas de Maizière auf der einen Seite und die katholischen Bischöfe sowie die evangelische Kirche in Deutschland (EKD) auf der anderen Seite heftig gestritten. De Maizière hatte den Kirchen vorgeworfen, sie setzten sich eigenmächtig über Gesetze hinweg. Die katholischen Bischöfe und die EKD hatten dagegen betont, das Kirchenasyl sei nur eine Einzelfallhilfe und letztes Mittel. Die Kirchen und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatten sich schließlich darauf geeinigt, dass Kirchenvertreter die Möglichkeit bekommen, einzelne Fälle von Flüchtlingen, denen die Abschiebung droht, noch einmal überprüfen zu lassen. Im Spätherbst wollen beide Seiten prüfen, ob sich das Verfahren bewährt hat.

Nicht jede Notlage rechtfertigt zivilen Ungehorsam, betont eine neue Broschüre

Die Gemeinden müssten nach bestem Wissen und Gewissen prüfen, wen sie warum aufnehmen, heißt es in der Handreichung. Kirchenasyl sei ein "kostbares Gut" und eine "Form des gewaltlosen zivilen Ungehorsams". Gemeinden und Ordensgemeinschaften müssten sich bewusst sein, dass nicht jede Notlage die Aufnahme ins Kirchenasyl rechtfertige; eine Ablehnung bedeute nicht, "dass ein Mangel an Barmherzigkeit vorliegt". Bevor eine Gemeinde oder ein Kloster Flüchtlinge aufnehme, müssten die Verantwortlichen Kontakt mit dem jeweiligen Katholischen Büro aufnehmen, das auf Länderebene den Kontakt zwischen Staat und Kirche hält. Auch die evangelische Kirche hat in den Ländern Ansprechpartner für Gemeinden, die überlegen, ein Kirchenasyl einzurichten.

Die Arbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" betont, dass den meisten Flüchtlingen im Kirchenasyl tatsächlich geholfen werden kann. Angesichts der hohen Zahl der Flüchtlinge sei die Zahl der Kirchenasyle verhältnismäßig klein.

Kardinal Reinhard Marx scherzt mit Flüchtlingskindern vor einer Asylbewerberunterkunft in München. (Foto: Robert Haas)
© SZ vom 01.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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