Finanzindustrie:Die Banken spielen mit

Lesezeit: 2 Min.

Geldinstitute profitieren von einem dubiosen Geschäft.

Von Philipp Eckstein, Jan Lukas Strozyk und Jan Willmroth

An Superlativen haben sie bei Stake 7 nicht gespart. Die Webseite des Online-Kasinos ist voll davon, einzigartig und fantastisch sei das Angebot und riesig, das Spielvergnügen "ganz besonders" und "in bester HD-Qualität". Wer um Geld spielen möchte, werde sich dort nicht langweilen: beim Poker, am virtuellen Blackjack-Tisch oder mit den bekannten Automatenspielen aus dem Hause Gauselmann.

Dazu muss das Geld aber erst einmal bei Top Gaming ankommen, dem Betreiber der Seite Stake7.com. Spieler können im virtuellen Kasino mit ihrer Kreditkarte einzahlen, per Überweisung, oder sie nutzen verschiedene weniger bekannte Online-Bezahlsysteme wie Skrill oder Dotpay. Das funktioniert problemlos auch hierzulande, obwohl das Unternehmen in den Geschäftsbedingungen darauf hinweist, keine Zahlungen aus Deutschland anzunehmen. Im Gesetz heißt es unmissverständlich: "Die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel" ist verboten. Es gibt nur niemanden, der die vielfältigen Geldtransfers überwacht.

Dafür gibt es viele, die an den Zahlungen verdienen wollen, darunter deutsche Banken und andere Geldhäuser mit Deutschlandgeschäft. Sie machen solche Geldtransfers erst möglich. Doch jedes Finanzinstitut, das für die Kasinoanbieter Umsätze aus diesen illegalen Geschäften transferiert, verstößt gegen das Glücksspielgesetz. Die Mitarbeiter leisten möglicherweise sogar Beihilfe zum illegalen Glücksspiel: Sobald eine deutsche Bank die Gelder deutscher Kunden direkt über ihre eigenen Konten abwickele und nicht über zwischengeschaltete Zahlungsdienstleister, sei das der Fall, sagt Ingo Fiedler, Glücksspielexperte von der Universität Hamburg.

Die Banken arbeiten allerdings oft mit Zahlungsdienstleistern im Ausland zusammen, die eine Vielzahl von Transfers abwickeln und dazu deutsche Bankkonten nutzen. Gerade diese Unternehmen sieht Fiedler in der Pflicht: "Ein Zahlungsdienstleister ist verpflichtet, seine Kunden auf Herz und Nieren zu prüfen." Dazu gehöre auch, zu klären, ob die jeweiligen Kunden eine Lizenz für ihre Geschäfte in all den Ländern halten, in denen das Angebot genutzt werde. Dann könnte die Formel sehr einfach sein: keine Lizenz, kein Geldtransfer. "Diese Blockierung der Zahlungsströme geschieht jedoch nicht", sagt Fiedler.

Die Finanzaufsicht sieht sich nicht zuständig

Bleibt der Staat. Das niedersächsische Innenministerium ist im Auftrag aller Bundesländer dafür zuständig, dubiose Geldflüsse zu unterbinden. Seitdem wurden zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, Sperren angekündigt, doch viel ist nicht geschehen. Mit verschiedenen Zahlungsanbietern habe es Gespräche gegeben über die Möglichkeiten, innerhalb des jeweiligen Systems Überweisungen für unerlaubtes Glücksspiel auszuschließen, teilt das Ministerium in Hannover mit. Derzeit liefen zudem drei Verfahren zur Zahlungsunterbindung, verbindliche Anordnungen an Kasinos oder Geldhäuser seien bisher aber nicht ergangen.

In einer Stichprobe haben sich Reporter von NDR und SZ bei mehreren Online-Kasinos angemeldet. Bei allen getesteten Angeboten war mindestens eine deutsche Bank involviert. Und sämtliche Angebote waren definitiv illegal - eigentlich ein Fall für die Finanzaufsicht Bafin, die auch die Integrität deutscher Banken überwachen soll. Doch die Behörde fühlt sich nicht zuständig. "Mir ist kein Fall bekannt, in dem eine Bank wissentlich Dienstleistungen für definitiv illegale Anbieter durchführt", sagt Raimund Röseler, oberster deutscher Bankenaufseher und Vizedirektor der Behörde. "Wir als Bafin sind nicht in der Lage festzustellen, ob ein Glücksspielanbieter illegal am Markt agiert. Das ist auch nicht unsere Kompetenz." Sollten andere Behörden, etwa die Glücksspielaufsichten der Länder, illegale Anbieter identifizieren, mit denen deutsche Banken zusammenarbeiteten, sei das "selbstverständlich auch ein Fall für die deutsche Bankenaufsicht", sagt Röseler. Aus dem Innenministerium in Niedersachsen wiederum heißt es, dort sei man verwaltungsrechtlich für die Glücksspielaufsicht zuständig, mit der Bankenaufsicht habe man nichts zu tun.

Vielleicht sollten beide Behörden einfach einmal miteinander reden.

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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