Finanzhaushalt:EU will zwölf Milliarden mehr aus Berlin

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Der Brüsseler Haushaltskommissar Oettinger fordert von den Mitgliedstaaten für die kommenden Jahre deutlich mehr Geld - auch wegen des Brexits. Bundesfinanzminister Scholz lehnt das strikt ab.

Von Cerstin Gammelin und Alexander Mühlauer, Berlin/Brüssel

Die Europäische Kommission hat von den Mitgliedstaaten deutlich mehr Geld für den EU-Haushalt gefordert. Angesichts des Brexit und neuer gemeinsamer Aufgaben wie dem Schutz der Außengrenzen will die Brüsseler Behörde das Budget in den Jahren 2021 bis 2027 um 192 Milliarden Euro auf 1280 Milliarden Euro erhöhen. Auf Deutschland würden Mehrausgaben von etwa zwölf Milliarden Euro pro Jahr zukommen, erklärte Haushaltskommissar Günther Oettinger am Mittwoch in Brüssel. Die Bundesregierung lehnte die Forderung der Kommission ab, den Haushaltsbeitrag von bisher einem Prozent der Wirtschaftsleistung auf künftig 1,11 Prozent zu erhöhen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte am Mittwoch in Berlin, dass die Bundesrepublik bereit sei, wie bisher einen Beitrag in Höhe von einem Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) für europäische Aufgaben bereitzustellen. Darüber hinaus seien keine Überweisungen nötig. "Mir fehlt gegenwärtig die Fantasie, wie man darüber hinaus noch Ausgaben aus den einzelnen Ländern rechtfertigen wird können", sagte Scholz.

Deutschland schloss sich damit weitgehend der Position anderer Nettozahler-Staaten in der EU an. Sowohl die Regierung in Wien als auch in Den Haag wiesen das Ansinnen der Kommission zurück. "Dieser Vorschlag ist kein akzeptables Ergebnis", sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. Für Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz sind die Pläne der Kommission "noch weit von einer akzeptablen Lösung entfernt". Ziel müsse es sein, "dass die EU nach dem Brexit schlanker, sparsamer und effizienter" werde.

Mit dem Austritt Großbritanniens verliert die EU einen ihrer größten Nettozahler. Nach Berechnungen der EU-Kommission fehlen pro Jahr etwa zwölf Milliarden Euro im Budget. Scholz erklärte, dass Deutschland allein schon deshalb mehr in den EU-Haushalt zahlen werde. Eine zusätzliche Erhöhung des Beitragssatzes auf mehr als ein Prozent der Wirtschaftsleistung lehnt Berlin deshalb ab. Es gebe "genügend Gestaltungsspielräume für das, was man als europäischen Mehrwert braucht", sagte Scholz. In einer gemeinsamen Erklärung mit Bundesaußenminister Heiko Maas kritisierten die SPD-Politiker, dass der Vorschlag der EU-Kommission "die Mehrbelastung Deutschlands erheblich erhöhen" würde. Damit relativierte die Bundesregierung ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, sie sei bereit, höhere Zahlungen in den EU-Haushalt zu leisten.

Oettingers Forderung, dass Deutschland zusätzlich zwölf Milliarden Euro pro Jahr nach Brüssel überweisen soll, ist in Berlin umstritten. In der Finanzplanung des Bundes ist für steigende Beiträge in den EU-Haushalt bislang keine Vorsorge getroffen worden. Das Bundesfinanzministerium teilte am Mittwoch auf Anfrage mit, dass der deutsche Beitrag in den EU-Finanzrahmen laut Planung von 37,2 Milliarden Euro im Jahre 2020 auf 38,9 Milliarden Euro zwei Jahre später steigen werde. Folgekosten des Brexit und des EU-Finanzplans für die Jahre 2021 bis 2027 seien nicht eingepreist.

© SZ vom 03.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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