Fernseh-Duelle:Fegefeuer der Eitelkeiten

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Zu viele Moderatoren tun diesen Fragerunden sichtbar nicht gut. Das Zusammentreffen der kleinen Parteien am Montagabend hat hingegen gezeigt, wie über Politik auch interessant diskutiert werden kann.

Von Katharina Riehl

Wer Schuld tragen würde, war schon entschieden, lange bevor das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz überhaupt stattfinden konnte. Schuld daran, dass keine besonders spannende Auseinandersetzung entstehen würde, hatte allein die Kanzlerin, denn sie hatte vorab auf die Sender Druck ausüben lassen. Angela Merkel wollte die alten Regeln der Show behalten - oder lieber gar nicht erst kommen.

Dieses Vorgehen der Kanzlerin wurde zu Recht kritisiert, und doch haben die Wahlsendungen der vergangenen Tage eines deutlich gemacht: Es gibt noch andere Gründe, warum das Duell in seiner jetzigen Form nicht als Fernsehformat funktioniert. Und es liegt sehr wohl in der Hand der Sender, daran etwas zu ändern.

Bei einem deutschen TV-Duell sind traditionell doppelt so viele Journalisten anwesend wie Kanzlerkandidaten, das ist so seit dem Jahr 2005, als aus zwei TV-Duellen eines wurde. Seitdem läuft das Aufeinandertreffen der Spitzenpolitiker parallel auf vier Fernsehsendern - und jeder der vier Sender schickt einen Interviewer. Das kann man (und so rechtfertigen es die Sender) als Dienst an der Demokratie verstehen, weil so kaum jemand der Bundestagswahl im Fernsehprogramm ausweichen kann. Auf der anderen Seite muss die Frage erlaubt sein, wie sinnvoll diese Vierfachausstrahlung ist, wenn von insgesamt 16,11 Millionen Zuschauern nur 0,93 Millionen von Sat 1 kommen. Mehr als eine schöne Geste des Privatfernsehens ist das nicht.

Eine Überzahl an Moderatoren tun diesen Runden nicht gut

Aber sogar wenn man die Vierfachübertragung für richtig hält: Die Vierfachmoderation ist Unsinn. Wenn beim Duell nicht nur die Redezeit der Kandidaten nach Fairness vermessen wird, sondern auch jeder Sender einen Journalisten in Szene setzen will, wenn also nicht zwei Egos, sondern sechs in einem Fernsehstudio aufeinandertreffen, dann ist das für das Format und für den Zuschauer kein Gewinn. Wenn die Moderatoren die Sendung auch dazu nutzen, ihr eigenes Profil zu schärfen, wie man es vor allem beim stets um Markenbildung bemühten Sat-1-Mann Claus Strunz beobachten konnte, dient es nicht der Meinungsbildung. Dann dient es dazu, Eitelkeiten zu befriedigen. Keiner Menschenseele außerhalb der Senderzentralen hätte etwas gefehlt, wenn am Sonntagabend, zum Beispiel, nur Sandra Maischberger und Peter Kloeppel moderiert hätten.

Es gab in Deutschland in den 70er- und 80er-Jahren eine Tradition, vor den Bundestagswahlen die Spitzenpolitiker der im Parlament vertretenen Parteien zur sogenannten Elefantenrunde zu laden. In der ARD-Sendung vom Montagabend wurden in Anlehnung an diese Sendungen die Vertreter der fünf größten kleinen Parteien von gerade mal zwei Journalisten befragt. Sicher konnte, wer wollte, auch hier Schwächen in der Gesprächsführung der Moderatoren finden, wenn wohl nicht so viele wie im großen TV-Duell. Doch darum geht es nicht: Das Format hat gezeigt, welche Stärke in einer Sendung liegt, die der Diskussion mehr Raum lässt als der Organisation. Es waren interessante 76 Minuten.

© SZ vom 06.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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