Familienpolitik:Unterhalts-Reform auf der Kippe

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Eigentlich sollte die Reform Alleinerziehende stärken, doch Länder und Kommunen befürchten den Mehraufwand für die Verwaltungen. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Die Bundesregierung wollte Alleinerziehende unterstützen, doch die Reform stockt - man befürchtet eine Antragsflut.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Alleinerziehende sollen länger vom Jugendamt unterstützt werden, wenn Ex-Partner keinen Kindesunterhalt zahlen. Das zumindest hat die Bundesregierung im November angekündigt. Das Kabinett beschloss, dass der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende nicht mehr nur bis zum zwölften, sondern bis zum 18. Geburtstag eines Kindes vorgestreckt wird. Doch die Reform, die als breiter Konsens zugunsten Alleinerziehender gelobt wurde und am 1. Januar 2017 in Kraft treten sollte, wird so schnell womöglich nicht kommen. Länder und Kommunen stellen sich quer und mit ihnen die Union.

"Die Kommunen sehen sich nicht in der Lage, von heute auf morgen mehr als 450 000 neue Anträge zu bearbeiten, die nach unseren Berechnungen auf uns zukommen können - das ist mehr als doppelt so viel wie bisher", sagte die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Eva Lohse, der Süddeutschen Zeitung. Vier Wochen vor Jahresende sei immer noch unklar, wie der Ausbau des Unterhaltsvorschusses in Kommunalverwaltungen realisiert werden solle. Auch um teure Doppelstrukturen bei der Bearbeitung abzubauen, sei ein "Aufschub" von einem halben Jahr nötig.

Die Union hat Bedenken, das Thema auf die Tagesordnung des Bundestags zu setzen

Auch die Union bremst. "Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion möchte die Möglichkeit des Unterhaltsvorschusses ebenfalls ausbauen. Frau Schwesig muss jetzt aber ihre Hausaufgaben machen und mit den Ländern rasch eine faire Finanzierungsvereinbarung aushandeln", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer der Süddeutschen Zeitung. Bundesfamilienministerin Schwesig müsse erst die "Voraussetzungen" dafür schaffen, den Unterhaltsvorschuss auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen. In der Union wurde am Montag nicht mehr damit gerechnet, dass das diese Woche noch passiert. Da es 2016 nur noch eine weitere Sitzungswoche gibt, könnte das Gesetz dann nicht es wie geplant bis 1. Januar in Kraft treten. Für Schwesig wäre dieses Szenario misslich. Sie ist zuständig für den Ausbau des Unterhaltsvorschusses, der Alleinerziehenden mit älteren Kindern helfen soll. Denn mit dem Alter der Kinder wächst keineswegs unbedingt die Zahlungsmoral oder -fähigkeit säumiger Ex-Partner. Auch die Union wollte den Unterhaltsvorschuss ab 1. Januar ausbauen. Offen blieb aber, wer die Mehrkosten trägt, wenn mehr Kinder Unterhaltsvorschuss bekommen. Details sollen im Bund-Länder-Finanzpaket geregelt werden. Doch da ging wenig voran. Der Bund hatte vorgeschlagen, dass Länder und Kommunen die Mehrkosten übernehmen und der Bund im Gegenzug auf seinen Anteil am Rückgriff verzichtet - also auf Geld, das Kommunen bei säumigen Eltern eintreiben. Zudem würden in Bund und Kommunen 690 Millionen Euro für SGB-II-Leistungen frei, wenn mehr Kinder Unterhaltsvorschuss kriegen. Er wird von Hartz-IV-Leistungen abgezogen. Die Länder aber lehnten ab. Sie wollen nicht das schwer kalkulierbare Risiko der Kostensteigerung tragen. Zudem gebe es 450 000 Anspruchsberechtigte, nicht wie vom Bund berechnet 260 000. Selbst aus sozialdemokratisch regierten Ländern wie Berlin, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz kamen Bedenken. Schwesig will nun bis Freitag einen Kompromiss finden. Wird das Thema im Bundestag jedoch vertagt, wonach es am Montag aussah, müssen Alleinerziehende mit älteren Kindern weiter warten. Zum 1. Januar kommt der Unterhaltvorschuss dann bestenfalls rückwirkend.

© SZ vom 29.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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