Familien:55 000 Kinder als gefährdet eingestuft

Von epd, Wiesbaden

Etwa 55 000 Mal haben Jugendämter in Deutschland im vergangenen Jahr Kindeswohlgefährdung festgestellt - ein neuerlicher Anstieg der Zahlen. Das geht aus am Donnerstag veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden hervor. Demnach gab es 2019 etwa 5100 mehr Fälle als 2018. Die Zahl der Kindeswohlgefährdungen sei damit das zweite Jahr in Folge um etwa zehn Prozent und damit auf einen neuen Höchststand gestiegen, hieß es. Ein Grund dafür könnte den Statistikern zufolge die umfangreiche Berichterstattung über Missbrauchsfälle sein, die zu einer weiteren Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der Behörden geführt haben dürfte. Gleichzeitig könnten aber auch die tatsächlichen Fallzahlen gestiegen sein. Bundesweit hatten die Jugendämter 2019 mehr als 173 000 Verdachtsfälle geprüft. Das seien etwa 15 800 mehr als 2018 gewesen.

Jedes zweite gefährdete Kind war den Daten zufolge jünger als acht Jahre. Im Alter bis 13 Jahre seien Jungen etwas häufiger betroffen gewesen, vom 14. Lebensjahr an Mädchen. Mehr als die Hälfte der etwa 55 000 betroffenen Kinder, nämlich 58 Prozent, hätten Anzeichen von Vernachlässigung aufgewiesen. Bei rund einem Drittel aller Fälle seien Hinweise auf psychische Misshandlungen gefunden worden. Dazu zählten Einschüchterung, Demütigung, Isolierung und emotionale Kälte. In 27 Prozent der Fälle habe es Indizien für körperliche Misshandlungen, und bei fünf Prozent Anzeichen auf sexuelle Gewalt gegeben. Mehrfachnennungen waren möglich.

Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbunds, Heinz Hilgers, sieht in dem Anstieg ein Warnsignal. Er forderte, die präventiven Netzwerke aus Jugendhilfe, Gesundheitsvorsorge und Bildungsinstitutionen auszubauen.

© SZ vom 28.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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