Europapolitik:"Der falsche Weg"

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Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer erteilt den Forderungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach einer EU-weiten sozialen Grundsicherung eine Absage. Die SPD erinnert derweil an den Koalitionsvertrag.

Von Daniel Brössler, Berlin

Annegret Kramp-Karrenbauer ist gegen „eine Europäisierung der Sozialsysteme und des Mindestlohns“. (Foto: Axel Schmidt/REUTERS)

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat dem jüngsten europapolitischen Vorstoß des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in wesentlichen Punkten eine Absage erteilt. "Europäischer Zentralismus, europäischer Etatismus, die Vergemeinschaftung von Schulden, eine Europäisierung der Sozialsysteme und des Mindestlohns wären der falsche Weg", schrieb Kramp-Karrenbauer in einem Beitrag für die Welt am Sonntag. Macron hatte zuvor in einem in allen EU-Sprachen veröffentlichten Appell "für einen Neubeginn in Europa" eine soziale Grundsicherung gefordert, die EU-Bürgern "gleiche Bezahlung am gleichen Arbeitsplatz und einen an jedes Land angepassten und jedes Jahr gemeinsam neu verhandelten europaweiten Mindestlohn gewährleistet".

Aus der SPD kam Kritik an der Positionierung Kramp-Karrenbauers. Europäische Mindestlöhne seien "keine Erfindung des französischen Präsidenten, sondern Bestandteil des Koalitionsvertrages", monierte der Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Achim Post.

Kramp-Karrenbauer forderte einen "Binnenmarkt für Banken", einen "europäschen Pakt für Klimaschutz" und ein EU-Investitionsbudget für neue Technologien. In ihrem Aufsatz betonte sie insbesondere die Bedeutung der Nationalstaaten. "Europa muss auf Subsidiarität und die Eigenverantwortung der Nationalstaaten setzen und gleichzeitig im gemeinsamen Interesse handlungsfähig sein", forderte sie. Europa müsse daher auf "zwei gleichberechtigten Säulen der intergouvernementalen Methode und der Gemeinschaftsmethode stehen". In der intergouvernementalen Methode suchen die Regierungen direkte Übereinkünfte außerhalb der im EU-Vertrag festgelegten Entscheidungsprozesse durch EU-Kommission, Europäisches Parlament und Rat der Mitgliedstaaten.

Die CDU-Vorsitzende wünscht sich einen gemeinsamen Sitz der EU im UN-Sicherheitsrat

Es sollten nun "lange überfällige Entscheidungen" getroffen und Anachronismen abgeschafft werden, forderte die CDU-Vorsitzende. Neben der Besteuerung der Einkommen der EU-Beamten gehöre dazu auch die Konzentration des Europäischen Parlaments auf den Standort Brüssel. Insbesondere dies ist als Spitze gegen Macron zu verstehen, da Frankreich auf der vertraglich verankerten Festlegung auf Straßburg als Hauptsitz des Europäischen Parlaments besteht.

Erneut brachte Kramp-Karrenbauer einen gemeinsamen Sitz der EU im UN-Sicherheitsrat ins Gespräch, wiewohl Deutschland in den Verhandlungen zum Aachener Vertrag offenkundig hierfür keine französische Unterstützung erhalten hatte. In dem Vertrag sichert Frankreich vielmehr Hilfe beim Versuch Deutschlands zu, einen eigenen ständigen Sitz in dem Gremium zu erlangen. Kramp-Karrenbauer wiederholte auch den Vorschlag der Bundesregierung, einen Europäischen Sicherheitsrat zu schaffen. Hier solle Großbritannien eingebunden werden.

"Ausdrücklich" stimmte die CDU-Chefin der Forderung Macrons nach einer besseren Sicherung der EU-Außengrenzen zu. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex müsse zügig als operative Grenzpolizei aufgebaut und eingesetzt werde. Bereits an den Schengen-Grenzen müsse geprüft werden, ob ein Asylanspruch, ein Flüchtlingsstatus oder ein anderer Einreisegrund vorliege. Die Migrationspolitik der EU müsse dem "Prinzip kommunizierender Röhren" folgen. Jeder Mitgliedstaat müsse "seinen Beitrag für Ursachenbekämpfung, Grenzschutz und Aufnahme leisten. Aber je stärker er dies in einem Bereich tut, umso weniger groß muss sein Beitrag auf den anderen Feldern sein", schrieb Kramp-Karrenbauer.

© SZ vom 11.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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