Europäische Union:London blockiert Militärzentrale

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Großbritannien behindert den Aufbau eines Kommandozentrums der EU für gemeinsame Militäreinsätze. Das könnte mehr mit den Brexit-Verhandlungen zu tun haben als mit Sicherheitspolitik.

Großbritannien stellt sich gegen den Aufbau einer Kommandozentrale für gemeinsame Militäreinsätze der EU-Staaten. Bei einem Außenministertreffen in Brüssel konnten am Montag wegen fehlender Zustimmung Londons nicht die nötigen Beschlüsse auf den Weg gebracht werden, wie die Deutsche Presse-Agentur aus EU-Kreisen erfuhr. Die Teilnehmer mussten deshalb die Entscheidung vertagen. Der Aufbau der Kommandozentrale bleibe ein kurzfristiges Ziel, heißt es lediglich in einem Text, den die Minister billigten.

Der britische Außenminister Boris Johnson nannte keine Gründe für die Blockadehaltung. Er versicherte nur, dass Großbritannien keine grundsätzlichen Einwände gegen eine engere Zusammenarbeit der anderen EU-Staaten habe. "Wenn sie gemeinsam entsprechende Verabredungen treffen wollen, werden wir ihnen nicht im Wege stehen", sagte er. Es müsse nur klar sein, was wirklich geplant sei.

Weil Großbritannien auch in Vorgesprächen keine Erklärungen für sein Veto geliefert hatte, wird in EU-Kreisen vermutet, dass die Blockadehaltung Londons auch etwas mit den Brexit-Gesprächen zu tun hat. Theoretisch könnten die Briten versuchen, mit Vetos Zugeständnisse zu erzwingen, da sie bis zum geplanten EU-Austritt 2019 voll stimmberechtigt sein werden und viele EU-Entscheidungen einstimmig getroffen werden müssen.

Als andere mögliche Erklärung gilt die im Juni bevorstehende Parlamentsneuwahl in Großbritannien. Politiker könnten Angst haben, dass sie von Wählern als Unterstützer eines EU-Projekts wahrgenommen werden, das nach dem Brexit unvorteilhaft für die Briten sein könnte, heißt es. In Großbritannien wird traditionell die Ansicht vertreten, dass die europäische Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen vor allem über die Nato erreicht werden sollte.

Der für die Bundesregierung an den Beratungen teilnehmende Staatsminister Michael Roth machte allerdings klar, dass die Blockade letztlich erfolglos sein werde. "Es wird diese Kommandozentrale geben. Die Frage ist wann", kommentierte er.

Über das neue Hauptquartier sollen vor allem zivile und militärische EU-Operationen zur Krisenprävention und Krisenbewältigung besser aufeinander abgestimmt werden können. In Mali gibt es neben der Militärausbildung beispielsweise auch eine EU-Mission zur Beratung von Polizei, Nationalgarde und Gendarmerie.

© SZ vom 16.05.2017 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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