Europa:Immer drastischer

Lesezeit: 2 min

Ein europäischer Staat nach dem anderen verschärft seine Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus. Ein Überblick der Lage.

Österreich

Das Innenministerium hat eine Urlaubssperre für alle 25 000 Polizisten im Land verhängt, vorläufig bis Ende April. Bei der Schließung der Schulen wird mit Rücksicht auf die Betreuung der Kinder schrittweise vorgegangen. Die für Mai geplanten Abiturprüfungen werden verschoben. Wer keine Betreuung hat, soll dennoch in die Schule kommen können. Diese Wahlmöglichkeit gilt auch in Kindergärten. Arbeitgeber können Eltern von Kindern bis 14 Jahren drei Wochen Sonderurlaub gewähren. Kanzler Sebastian Kurz rief dazu auf, Kinder keinesfalls zu den Großeltern zu bringen. Alle Tiroler und Salzburger Skigebiete schließen von Montag an. Peter Münch

Frankreich

Präsident Emmanuel Macron besucht Krankenhäuser und Notaufnahmen, zudem steuerte er früh das Krisenmanagement, indem er alle Atemschutzmasken konfiszierte. Sie werden nur noch an Krankenhäuser abgegeben. Mehr als 2000 Infektionsfälle gab es bis Donnerstag, 48 Menschen sind gestorben. Landesweit werden von kommender Woche an alle Kinderkrippen, Schulen und Universitäten geschlossen, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Menschen abgesagt. Wer im Altersheim lebt, darf keine Besucher mehr empfangen. Gesundheitsminister Olivier Veran sagte, Frankreich stehe "kein Zustand wie in Italien bevor", der Leiter eines Pariser Zentrums für Infektionskrankheiten widersprach. Nadia Pantel

Polen

Laut Gesundheitsminister Łukasz Szumowski sind mehr als 1200 Polen in Quarantäne und würden von der Polizei kontrolliert. Eltern sollten ihre Kinder nicht vor die Tür lassen, die Menschen sollen nicht zur Kirche gehen, sondern Messen in Fernsehen und Radio verfolgen. Präsident Andrzej Duda sagte im Präsidentschaftswahlkampf alle Großauftritte ab. Die zur Regierungspartei gehörende Parlamentspräsidentin orakelte, womöglich müsse man die für Mai geplante Wahl verschieben. Florian Hassel

Tschechien und Slowakei

Tschechien und die Slowakei haben den nationalen Notstand ausgerufen, in Tschechien für 30, in der Slowakei für 14 Tage. Die Slowakei schließt alle Grenzen, einreisen dürfen nur noch Menschen mit Wohnsitz im Land. In Tschechien sind von diesem Freitag an Veranstaltungen mit mehr als 30 Leuten verboten, der Bahnverkehr von und nach Deutschland wird eingestellt. Nur elf von mehr als 50 Grenzübergängen nach Deutschland und Österreich bleiben geöffnet. Viktoria Großmann

Niederlande

Die niederländische Regierung, die bisher auffallend wenig Beschränkungen erließ, ändert ihren Kurs. Alle Veranstaltungen von mehr als 100 Menschen sollten abgesagt werden, erklärte Ministerpräsident Mark Rutte am Donnerstag. Menschen mit einschlägigen Symptomen sollten zu Hause bleiben und sich beim Arzt melden. Alle Bürger sollten möglichst von zu Hause arbeiten. Besuche bei älteren und kranken Menschen seien zu vermeiden. Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen bleiben aber offen. All das gilt vorerst bis 31. März. Thomas Kirchner

Spanien

Alle Minister sollten am Donnerstag auf das Coronavirus getestet werden - zuvor war Gleichstellungsministerin Irene Montero positiv getestet worden. Der stellvertretende Ministerpräsident Pablo Iglesias befindet sich in Quarantäne. Die Zahl der Todesopfer stieg von Mittwoch auf Donnerstag von 47 auf 84. Schon am Dienstag schlossen alle Kultur- und Bildungseinrichtungen der Region Madrid für zwei Wochen. Dem folgen immer mehr Regionen. Panikstimmung ist in Madrid indes nicht zu spüren. Thomas Urban

Großbritannien und Irland

Warum das Vereinigte Königreich und die Republik Irland nicht auf Donald Trumps Bannliste stehen, war zunächst unklar. An der Ausbreitung des Coronavirus dürfte es nicht liegen. Denn vor allem im Vereinigten Königreich gibt es mehr Infizierte und Tote als in vielen europäischen Staaten, die vom US-Einreisestopp betroffen sind. Premier Boris Johnson berief am Donnerstag eine Notfallsitzung ein, um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen. Alexander Mühlauer

Dänemark

Premierministerin Mette Frederiksen verkündete in der Nacht zum Donnerstag drastische Schritte: Alle Schulen und Unis schließen von Montag an für zwei Wochen, ebenso Büchereien, Kulturinstitute und Freizeiteinrichtungen. Alle nicht lebenswichtigen Operationen in Krankenhäusern sind ausgesetzt. "Der Alltag der Dänen wird so verändert auf eine Weise, wie wir sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen haben", schrieb die Zeitung Politiken. Der Grund für die Eile: Von Montag bis Mittwoch hatten sich die Fallzahlen in nur zwei Tagen verzehnfacht - der schnellste Anstieg in Europa. Kai Strittmatter

© SZ vom 13.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: